Larry Grenadier  The Gleaners

Larry Grenadier The Gleaners

Larry Grenadier – The Gleaners Hörbericht:

Overall Rating: ★★★★★ (5/5)

  • Label: ECM Records – ECM 2560
  • Format: CD, Album, Stereo, Vinyl, Streaming
  • Land: Deutschland
  • Veröffentlichungsdatum: 15. Februar 2019
  • Genre: Jazz
  • Stil: Contemporary Jazz
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Larry Grenadier – The Gleaners

Das Album The Gleaners von Larry Grenadier, einem der führenden Kontrabassisten der zeitgenössischen Jazzszene, erschien am 1. Februar 2019 beim renommierten Label ECM Records. Dieses Soloalbum ist eine besondere Errungenschaft in seiner Karriere und präsentiert den Kontrabass in einer neuen Dimension, die weit über dessen traditionelle Rolle im Jazz hinausgeht. Produziert von ECM-Gründer Manfred Eicher, besticht das Werk durch seine Tiefgründigkeit, Klarheit und künstlerische Präzision.

Eine Hommage an Kunst und Tradition

Der Titel des Albums verweist auf Jean-François Millets berühmtes Gemälde Die Ährenleserinnen aus dem Jahr 1857. Das Bild, das drei Frauen bei der Nachlese auf einem Feld zeigt, steht sinnbildlich für Demut, Geduld und die Wertschätzung des Einfachen. Grenadier überträgt diese Motive in seine Musik, indem er den Kontrabass als Medium verwendet, um Geschichten zu erzählen, Emotionen zu vermitteln und den Zuhörer in intime Klangwelten einzutauchen.

Grenadier sieht das Album als eine Gelegenheit, den Kontrabass in seiner puren Form zu erforschen und die Vielseitigkeit des Instruments in den Vordergrund zu stellen. Ohne Begleitung anderer Musiker füllt er den Raum mit komplexen Harmonien, lyrischen Melodien und subtilen rhythmischen Mustern, die den Hörer in die Tiefe seiner Klangwelt ziehen.

Die Aufnahmesession und Klangästhetik

Die Aufnahmen fanden im Auditorio Stelio Molo in Lugano, Schweiz, statt, einem bevorzugten Studio von ECM für akustische Jazzproduktionen. Der Raum bietet eine außergewöhnliche Akustik, die jedes Detail von Grenadiers Spiel einfängt – von den subtilsten Tönen bis zu kraftvollen, resonanten Passagen. ECMs charakteristischer minimalistischer Produktionsansatz hebt die natürliche Klangqualität des Instruments hervor und schafft eine Atmosphäre, die gleichzeitig intim und monumental wirkt.

Grenadier nutzt eine Vielzahl von Techniken, darunter Pizzicato, Arco (Spiel mit dem Bogen) und perkussive Elemente. Diese Vielfalt verleiht den Stücken nicht nur strukturelle Komplexität, sondern auch eine emotionale Tiefe, die den Zuhörer direkt anspricht. Besonders beeindruckend ist Grenadiers Fähigkeit, das Instrument allein so ausdrucksstark einzusetzen, dass keine weiteren Musiker notwendig erscheinen.

Stilistische Vielfalt und musikalischer Ausdruck

Die Musik auf The Gleaners bewegt sich zwischen improvisatorischen Passagen, komponierten Themen und freien Klangtexturen. Grenadier bringt sowohl seine Virtuosität als auch seine lyrische Sensibilität ein, wodurch die Stücke eine narrative Qualität erhalten. Jeder Ton scheint sorgfältig gewählt, jede Phrase erzählt eine Geschichte.

Die Stücke des Albums umfassen eine breite Palette von Stimmungen: von meditativen und introspektiven Klanglandschaften bis hin zu lebhaften, rhythmisch anspruchsvollen Passagen. Trotz der technisch anspruchsvollen Natur des Spiels bleibt die Musik immer zugänglich und emotional ansprechend.

Ein Highlight des Albums ist Grenadiers Fähigkeit, das Instrument sowohl als Melodie- als auch als Harmonieinstrument einzusetzen. Dies zeigt sich in der geschickten Verwendung von Doppelgriffen, komplexen Arpeggien und melodischen Läufen, die dem Hörer die volle Bandbreite des Kontrabasses präsentieren.

Kritische Rezeption

Kritiker und Zuhörer gleichermaßen feierten The Gleaners als Meisterwerk. Besonders hervorgehoben wurde Grenadiers künstlerische Vision und die Fähigkeit, das Potenzial des Kontrabasses neu zu definieren. Kritiker lobten die Tiefe und Präzision des Albums sowie die außergewöhnliche Klangqualität der Aufnahme.

Das Werk wurde auch als Meilenstein im Repertoire von Solo-Kontrabassalben anerkannt. Larry Grenadier gelingt es, sowohl technisch als auch emotional zu überzeugen und gleichzeitig eine intime Verbindung zum Zuhörer herzustellen.

Bedeutung des Albums

The Gleaners ist nicht nur ein Beweis für Larry Grenadiers technisches Können, sondern auch für seine künstlerische Reife. Es zeigt, dass der Kontrabass weit mehr ist als ein Begleitinstrument – er kann ein eigenständiger Geschichtenerzähler sein, ein poetisches Werkzeug, das in der Lage ist, eine gesamte musikalische Welt zu erschaffen.

Das Album ist ein Muss für Jazzliebhaber und all jene, die sich für die Erforschung neuer Klangdimensionen begeistern. Es lädt den Hörer dazu ein, die Feinheiten und die Seele eines oft unterschätzten Instruments zu entdecken. Mit The Gleaners hat Grenadier ein Werk geschaffen, das nicht nur seine Karriere bereichert, sondern auch die Grenzen des Jazz erweitert.

Tracklist von The Gleaners und kurze Beschreibungen:

  1. Oceanic (Musik: Larry Grenadier) – 2:26
    Ein sanftes, atmosphärisches Stück, das mit minimalistischem Ansatz den Kontrabass in einer weitreichenden, offenen Klanglandschaft erklingen lässt.
  2. Pettiford (Musik: Larry Grenadier) – 3:41
    Eine Hommage an den legendären Bassisten Oscar Pettiford, die eine Mischung aus Melancholie und rhythmischer Komplexität bietet.
  3. The Gleaner (Musik: Larry Grenadier) – 2:10
    Das Titelstück des Albums, das die Themen der Nachlese und des Sammelns von Klängen aufgreift und in einer ruhigen, nachdenklichen Melodie ausklingt.
  4. Woebegone (Musik: Larry Grenadier) – 3:23
    Ein eher melancholisches Stück, das Grenadiers Fähigkeit zeigt, tiefe Emotionen durch den Kontrabass zu vermitteln.
  5. Gone Like The Season Does (Musik: Rebecca Martin) – 4:29
    Ein ruhiges und nachdenkliches Stück, das die Vergänglichkeit der Zeit thematisiert, mit sanften, poetischen Melodien.
  6. Compassion / The Owl Of Cranston (Musik: John Coltrane, Paul Motian) – 9:08
    Eine kraftvolle und expressive Interpretation von Coltranes und Motians Kompositionen, die eine tiefe, spirituelle Dimension des Spiels zeigt.
  7. Vineland (Musik: Larry Grenadier) – 3:06
    Ein weiteres Original von Grenadier, das durch sanfte, melodische Linien und eine fast folkloristische Atmosphäre besticht.
  8. Lovelair (Musik: Larry Grenadier) – 3:39
    Ein verspieltes und lyrisches Stück, das mit seinem warmen Klang eine romantische Stimmung erzeugt.
  9. Bagatelle 1 (Musik: Wolfgang Muthspiel) – 1:49
    Ein kurzes, verspieltes Stück, das eine klare und prägnante Melodie bietet und in seiner Einfachheit sehr eindrucksvoll ist.
  10. Bagatelle 2 (Musik: Wolfgang Muthspiel) – 1:48
    Wie der erste Teil, ist auch dieses Stück eine kurze, aber eindrucksvolle Melodie, die durch ihre Präzision und Klarheit überzeugt.
  11. My Man’s Gone Now (Musik: George Gershwin) – 5:35
    Eine emotionale und tiefgründige Interpretation von Gershwins klassischem Song, der durch Grenadiers Spiel neue Dimensionen erhält.
  12. A Novel In A Sigh (Musik: Larry Grenadier) – 0:48
    Ein sehr kurzes, aber eindrucksvolles Stück, das in wenigen Tönen eine ganze Geschichte zu erzählen scheint.