
Naim Supernait 2
Naim Supernait 2 High End Vollverstärker Erfahrungsbericht / Test:
Overall Rating: ★★★★★ (5/5)
Auszug aus Wikipedia: „Naim wurde im Jahr 1969 unter dem Namen Naim Audio Visual von Julian Vereker gegründet, der damals ein selbst konstruiertes Lichtsteuerungssystem an Filmproduktionsfirmen vermietete. Aus Unzufriedenheit über den Klang der verfügbaren professionellen Aufzeichnungsgeräte entwickelte er eine eigene Endstufe. Die offizielle Eintragung unter dem Namen Naim Audio erfolgte 1973. Entgegen der damals vorherrschenden und durch Audio-Pionier Edgar Villchur geprägten Ansicht, dass der Klang einer Hi-Fi-Anlage hauptsächlich von den Lautsprechern abhänge und Verstärker lediglich ein Mittel seien, um diese in Bewegung zu setzen, entschied sich Vereker, seine eigenen Vorstellungen zu verwirklichen.“
Diese Geschichte kommt mir bekannt vor – ja, genau, Burmester! Also halten wir fest: Unzufriedenheit bringt Fortschritt. Ich muss gestehen, dass ich immer ein Faible für die Geschichte einzelner Hersteller habe und es mich stets aufs Neue fasziniert, wie sich der Werdegang entwickelt hat.
Für mich persönlich war Naim lange Zeit eine Randerscheinung. Ich konnte einfach nicht nachvollziehen, wie man für 80 lächerliche Transistor-Watt (an 8 Ohm) über 4500 Euro für einen Verstärker verlangen konnte. Schließlich gibt es in dieser Preisklasse genug Konkurrenz, die nicht nur mehr Leistung bieten, sondern auch dreimal schwerer und dreimal größer sind. Natürlich ist es kindisch, den Klang eines Verstärkers allein auf die Wattzahl zu reduzieren, doch man neigt automatisch dazu, anzunehmen, dass mehr Watt eine kontrolliertere Spielweise bedeuten. Was jedoch viele vergessen, ist, dass ein hochwertiges Netzteil bzw. ein guter Trafo mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, ist als die Leistung. Naim hat schon immer großen Wert auf exzellente Netzteile gelegt. Trotzdem war Naim für mich lange Zeit keine echte Alternative zu Verstärkern, die ich bereits kannte, wie etwa Accuphase, Mark Levinson, Burmester oder Sansui.
Doch eines Tages sollte sich meine Meinung grundlegend ändern. Auf der Suche nach einem Paar Burmester-Monoblöcken stieß ich auf eine komplette Naim-Hi-Fi-Anlage. Da diese in meiner unmittelbaren Nähe angeboten wurde, konnte ich nicht widerstehen und schlug zu. Zuhause angekommen, wurde meine Freude allerdings getrübt: Die Endstufe NAP 250 war teilweise defekt. Es funktionierte nur der linke Kanal; der rechte bratzelte nur vor sich hin, und die Töne waren stark verzerrt. Doch die Spielfreude, die bereits der funktionierende Kanal hervorrief, war meiner Meinung nach unvergleichlich. Diese positive Erfahrung beflügelte mich und ich machte mich auf die Suche nach einem Paar NAP 135 Olive Monoblöcken. Doch die aufgerufenen Preise von mehr als 3000 Euro waren mir dann doch zu hoch.
Ich hatte eine längere und angenehme Unterhaltung mit einem Naim-Sammler. Er erklärte mir, dass die Geräte umso teurer würden, je jünger das sogenannte „Recapping“ sei. Auf meine Frage, was er damit meine, erklärte er, dass es um den Austausch der Elkos gehe, was er bei seinen NAP 135 für 1800 Euro habe machen lassen. Ich dachte nur: „What the fuck!“ Ich fragte ihn, ob er jemals in das Gerät hineingeschaut habe. Dieser Austausch der Elkos hätte jeder Radio- und Fernsehtechniker für einen Bruchteil dieses Preises erledigen können! Die älteren Naim-Verstärker sind alles andere als kompliziert aufgebaut, im Vergleich zu Accuphase und Co. sogar eher simpel.
Das Problem ist jedoch, dass viele Naim-Interessenten genau diesen teuren Austausch verlangen. Wenn man dann erklärt, dass der eigene Techniker, der seit über 50 Jahren Hi-Fi-Elektronik repariert, das mindestens genauso gut macht wie Naim oder MusicLine, wird man oft einfach abgeschmettert. Warum ist das so? Haben Naim-Mitarbeiter vielleicht magische Hände, die den Geräten Leben einhauchen? Es wird noch kurioser: Angeblich klingen Naim-Geräte erst nach drei Tagen Einspielzeit richtig gut. Hä? Beim Supernait wird es sogar noch abenteuerlicher: Bei niedrigen Lautstärken ist der rechte Kanal lauter als der linke! Das ist ein Punkt, den ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Wenn ich aber ehrlich bin, spielt das letztlich keine große Rolle, da sich das bei höheren Lautstärken wieder ausgleicht.
Was mich jedoch wirklich schockierte, war die Reaktion des Naim-Händlers, als ich ihn darauf ansprach und einen Garantiefall geltend machen wollte. Seine Antwort: „Das gehört zu Naim. Erst dadurch erhalten die Verstärker ihren typischen Klang.“ Hä? Der gute Mann kann froh sein, dass ich seine Hi-Fi-Firma hier nicht nenne, denn das hätte er durchaus verdient! Seine Kundschaft dermaßen für dumm zu verkaufen, ist wirklich unverschämt. Aber lassen wir das. Ich denke, er wird seine Aussage mittlerweile bereut haben.
Abgesehen von diesem kleinen Missstand ist der Naim Supernait 2 hervorragend verarbeitet. Auch die Ausstattung finde ich erstklassig, wobei ich mich frage, warum beim Supernait 2 der interne DAC weggelassen wurde. Der erste Supernait hatte jedenfalls noch einen an Bord. Vermutlich liegt es daran, dass Naim den SuperUniti herausgebracht hat. Wenn ich allerdings so darüber nachdenke, ist mir ein rein analoger Verstärker ohnehin lieber, denn der veraltet nicht. Wenn die Wandler-Technologie ausgereifter wird, kann man immer noch einen externen DAC hinzufügen.
Besonders gefällt mir der separate Subwoofer-Ausgang. So kann man wunderbar mit Kompaktlautsprechern experimentieren. Ansonsten bietet der Verstärker die gewohnten Anschlüsse in DIN und Cinch. Ein weiterer Vorteil ist, dass man den Supernait mit einem Supercap-Netzteil erweitern kann. Das bringt klanglich, vor allem im Bassbereich, deutliche Vorteile. Und ja, ich habe es getestet. Aber auch ohne das Supercap spielt der Verstärker fantastisch! Ich hätte nicht erwartet, dass er eine solche Musikalität, Spielfreude und Dynamik bietet. Selbst größere Vor- und Endstufen anderer Marken (wie etwa AVM M3 und V3) konnten nicht annähernd das leisten, was der Supernait 2 liefert. Die Bässe sind unglaublich druckvoll, kräftig und tief, und die Detailwiedergabe ist so gut, dass mein Accuphase E308 daneben ziemlich alt aussieht. Der Mitten- und Hochtonbereich ist so frei und losgelöst, dass es einfach nur Freude macht, mit diesem Verstärker Musik zu hören.
Ich denke nicht, dass ich den Supernait 2 jemals abgeben werde. Er wird meine Referenz im Vergleich zu anderen Vollverstärkern bleiben. Am erstaunlichsten ist jedoch, dass ich mir nach dieser Erfahrung auch noch einen SuperUniti bei eBay zugelegt habe. Vielleicht hat Naim ja doch etwas Magisches…
Technische Daten
- Leistung: @ 4 Ohm (1% THD): 155 W / 8 Ohm (1% THD): 97 W
- Verzerrungen: Klirrfaktor (THD+N, 10 Watt @ 4 Ohm): 0,015 %
IM-Verzerrungen SMPTE (5 Watt @ 4 Ohm): 0,043 %
IM-Verzerrungen CCIF (5 Watt @ 4 Ohm): 0,0025% - Störabstände:Fremdspannung (- 20 kHz): -83,5 dB Geräuschspannung (A-bewertet): -85,9 dB
- Sonstige: Obere Grenzfrequenz (-3dB / 10 W @ 4 Ohm): 39 kHz
Eingangswiderstand: 54 kOhm
DC-Ausgangs-Offset: 0,7 mV - Stromverbrauch: Leerlauf = 20 W
- Hersteller: Naim, England
- Modell: Supernait 2
- Preis: 3.999 Euro
- Garantie: 5 Jahre (nur bei Registrierung, sonst 2 Jahre)
- Eingänge: 4 x DIN/Cinchpaar, 1 x Cinchpaar, 1 x DIN
Line-Ausgänge (fix): 2 x DIN (av und hdd), 130 mV, 600 Ohm
Line-Ausgänge (variabel): 2 x DIN, 1 x Cinch - Gleichspannungsausgänge: +24 Volt für Naim-Phono-Vorstufe
- Kopfhörerausgang: 6,35 mm
- Abmessungen (B x H x T): 43,2 x 9 x 32 cm
- Gewicht: 14 kg
Endlich Naim im Haus!
Das kannst Du laut sagen!