Studer B67 MK II Tonbandmaschine

Studer B67 MK II Tonbandmaschine

Studer B67: Die Schweizer Präzision und der Zauber der Schmetterlingsköpfe

Es gibt Maschinen, die Musik einfach nur abspielen. Und dann gibt es Maschinen, die Musik atmen lassen. Wer sich einmal ernsthaft mit der analogen Bandtechnik auseinandergesetzt hat, landet früher oder später unweigerlich bei einem Namen, der wie ein Monolith in der Audio-Geschichte steht: Studer. Speziell die Studer B67 ist mehr als nur ein Abspielgerät; sie ist ein mechanisches Kunstwerk, das für die Ewigkeit gebaut wurde.

Willi Studer: Das Streben nach Perfektion

Um die B67 zu verstehen, muss man kurz zurückblicken. Willi Studer, der Schweizer Pionier, war nicht einfach nur ein Unternehmer. Er war ein Besessener im besten Sinne – getrieben von dem Wunsch, Audioaufzeichnung so präzise und unverfälscht wie physikalisch möglich zu gestalten. Die Geschichte von Studer ist die Geschichte der Rundfunk- und Studiotechnik weltweit. Wo absolute Zuverlässigkeit gefragt war – beim staatlichen Rundfunk, in den Abbey Road Studios oder bei den großen amerikanischen Networks – standen die grauen Maschinen aus der Schweiz.

Zwei Welten, eine DNA: Revox vs. Studer

Oft werden die Namen Revox und Studer in einem Atemzug genannt, doch es gibt einen entscheidenden Unterschied, den Einsteiger oft übersehen. Revox war Willi Studers Antwort für den anspruchsvollen HiFi-Liebhaber zu Hause (die „Audiophilen“). Maschinen wie die A77 oder B77 sind fantastische Geräte, aber sie waren für das Wohnzimmer konzipiert: Cinch-Anschlüsse, verbraucherfreundliche Pegel und ein leichteres Chassis. Studer hingegen war die reine „Profi-Line“. Hier gab es keine Kompromisse für das Wohnzimmer-Design.

  • Symmetrische Anschlüsse (XLR): Für störungsfreie Signalübertragung über lange Kabelwege.
  • Studiopegel: Höhere Spannungen für mehr Dynamik.
  • Servicefreundlichkeit: Modulare Steckkarten, damit ein Techniker im laufenden Sendebetrieb binnen Sekunden Teile tauschen konnte.
  • Bandzug: Brutal präzise Motoren, die auch schwere „Offenwickel“ (Teller ohne Spulen) blitzschnell und sicher handhaben konnten.

Die Evolution: Von der A67 zur B67

In den frühen 70er Jahren brachte Studer die A67 auf den Markt. Sie war der Versuch, die gigantische Technik der großen Studiomaschinen (wie der A80) in ein kompakteres 19-Zoll-Gehäuse zu bringen. Die A67 war exzellent, aber sie war in gewisser Weise noch ein „Rohdiamant“.

Dann kam die B67. Sie war nicht nur ein Facelift, sondern eine konsequente Weiterentwicklung. Die B67 wirkte aufgeräumter, moderner und logischer in der Bedienung. Die Audioelektronik wurde optimiert und die Laufwerkssteuerung verfeinert. Während die A67 oft noch sehr „industriell“ und fast schon spartanisch wirkte, brachte die B67 eine Haptik und eine Bedienlogik mit, die bis heute als Referenz für kompakte Studiomaschinen gilt. Sie war das Arbeitspferd der Rundfunkanstalten – gebaut, um 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche zu laufen, ohne auch nur eine Sekunde zu leiern.

Der Heilige Gral: Schmetterlingsköpfe

Ein entscheidendes Detail, das eine „gute“ B67 von einer „magischen“ unterscheidet, ist die Bestückung der Tonköpfe. Die Rede ist von den sogenannten Schmetterlingsköpfen. Bei herkömmlichen 2-Spur-Maschinen gibt es zwischen dem linken und dem rechten Kanal einen breiten „Rasen“ (Abstand), um Übersprechen zu vermeiden. Schmetterlingsköpfe hingegen nutzen fast die gesamte Breite des Magnetbandes aus (ca. 2,75 mm Spurbreite bei nur 0,75 mm Trennspur).

Das Ergebnis ist Physik pur:

  • Mehr magnetisierte Fläche bedeutet mehr Signal.
  • Mehr Signal bedeutet einen besseren Rauschabstand.
  • Der Klang wird dynamischer, druckvoller und „größer“.

Eine persönliche Reise: Von der A807 zur B67

Meine eigene Geschichte mit Studer ist eine Reise der Erkenntnis. Vor einigen Jahren besaß ich selbst eine B67 und war von der Maschine restlos begeistert. Doch wie es im Leben eines Audiophilen oft ist, strebt man nach dem vermeintlich „Größeren“. Meine fixe Idee war es, eine Studer A807 MK II in meine Wohnung zu stellen. Rückblickend muss ich zugeben: Die Idee war im wahrsten Sinne des Wortes „zu hoch“ gegriffen – zumal der preisliche Unterschied leider sehr hoch war.

Zu dieser Zeit, es dürfte nun gut sechs Jahre her sein, lernte ich Arthur kennen. Die Verbindung entstand über unseren gemeinsamen Bekannten Simon. Arthur, der mittlerweile zu einem guten Freund geworden ist, ist das, was man einen leidenschaftlichen „Jäger und Sammler“ der Tonbandwelt nennt. Seine Sammlung ist beeindruckend und umfasst erstklassige Geräte der HiFi-Geschichte: Von Sony über Tandberg bis hin zu Akai und Technics. Doch trotz dieser Schätze fehlte ihm das Herzstück einer jeden ernsthaften Sammlung: eine echte Studer.

Als Arthur damals meine B67 sah, war es um ihn geschehen. Er teilte mir sofort mit, dass genau dieses Modell – die B67 – für ihn eine der besten Maschinen ist, die Studer je gebaut hat. Sie vereint die professionelle Unzerstörbarkeit mit einer Ästhetik, die man noch handhaben kann. Es vergingen Jahre, bis Arthur seinen Traum wahrmachen konnte. Doch das Warten hat sich gelohnt. Er konnte schließlich seine eigene B67 erwerben – natürlich in einem Topzustand und, was für den ultimativen Genuss entscheidend ist, bestückt mit den legendären Schmetterlingsköpfen.

Das klangliche Urteil

An dieser Stelle möchte ich es kurz machen, denn Worte können nur schwer beschreiben, was man hören muss: Die Studer B67 MKII ist klanglich eines der besten Tonbandgeräte, die ich kenne. Sie bietet eine unfassbare Klangqualität, die ihresgleichen sucht. Es ist eine Sache, Musik von einer Schallplatte oder einem hochwertigen digitalen Stream zu hören. Aber wenn man diese Maschine mit echten Masterbändern füttert – also Kopien der originalen Studioaufnahmen ohne die Kompression der Vinyl-Pressung –, dann passiert etwas Magisches. Der Raum öffnet sich, die Dynamik explodiert förmlich und die Musiker scheinen physisch im Raum zu stehen. Da fällt jedem Zuhörer sprichwörtlich die Kinnlade Richtung Boden.

Die B67 ist nicht nur ein Stück Technikgeschichte; sie ist der Beweis, dass die goldene Ära der analogen Aufnahme eine Qualität erreichte, die uns auch heute noch emotional tief berührt.

Technische Daten: Studer B67

Kategorie Merkmal Daten / Spezifikation
Allgemeines Hersteller Willi Studer AG, Schweiz
Bauzeitraum ca. 1975 – 1982
Gewicht ca. 35 kg
Stromversorgung 100 – 240 V, 50/60 Hz
Laufwerk Bandgeschwindigkeiten 9,5 / 19 / 38 cm/s
Spulengröße Max. 26,5 cm (10,5 Zoll)
Bandbreite 1/4 Zoll (6,35 mm)
Schlupf / Drift < 0,1 %
Tonköpfe & Audio Kopfbestückung 3 Köpfe (Löschen, Aufnahme, Wiedergabe)
Spurkonfiguration 2-Spur Schmetterling
(0,75 mm Trennspur)
Frequenzgang (38 cm/s) 30 Hz – 22.000 Hz (±2 dB)
Geräuschspannungsabstand > 66 dB (bei 38 cm/s)
Entzerrung CCIR oder NAB
Anschlüsse Ein-/Ausgänge Symmetrisch (XLR)
Pegel Studiopegel (+4/+6 dBu)