DAC Filter erklärt: Klangunterschiede und die richtige Einstellung für deinen Wandler

DAC Filter erklärt: Klangunterschiede und die richtige Einstellung für deinen Wandler

DAC-Filter: Die unendliche Geschichte zwischen Messwert, Voodoo und Bauchgefühl

wer kennt das nicht? Da hat man endlich zugeschlagen. Ein neuer Wandler ist ins Haus geflattert – sei es ein modernes Chi-Fi-Wunderwerk oder ein gebrauchter Bolide aus der Champions League. Das Gerät wird ausgepackt, ehrfürchtig ins Rack gewuchtet, verkabelt und warm laufen gelassen. Die erste Funktion wird entdeckt, das Display leuchtet verheißungsvoll. Alles wunderbar. Das Grinsen wird breiter.

Doch dann… bleibt man im Menü hängen.

Menüpunkt: „Digital Filter“.

Und plötzlich ist sie da, die Nervositas Audiophilia. Da stehen dann so kryptische Dinge wie Brickwall, Apodizing, Minimum Phase, Linear Phase oder einfach nur lakonisch Fast und Slow. Aufgrund dessen, dass wir natürlich den absolut perfekten Klang aus unserer Kette holen wollen – wir sind ja schließlich nicht zum Spaß hier und haben hartes Geld investiert –, fängt der Finger an zu zucken. Der innere Monk meldet sich: „Was, wenn ich hier Potenzial verschenke?“

Also werden die verschiedenen Filterebenen durchgedrückt. Track vor, Track zurück. Augen zu, Konzentration hochfahren, bis die Ader an der Stirn pocht. Man versucht krampfhaft, etwas herauszuhören. Ist der Bass bei „Filter 1“ jetzt wirklich straffer? Ist die Bühne bei „Filter 2“ breiter? Oder bilde ich mir das gerade nur ein, weil ich will, dass sich was ändert? Ganz ehrlich: Nach vielen Versuchen, endloser Drückerei und leichter Frustration – so ging es zumindest mir – bleibe ich oft an einer Einstellung hängen und rühre sie nie wieder an. Bei meinem alten Schlachtschiff, dem dCS Elgar, bin ich stur bei Filter-Einstellung 1 stehengeblieben. Bei meinem LKS Wandler ist es „Fast L“.

Warum ausgerechnet die? Habe ich das wirklich rein klanglich, objektiv und im Blindtest validiert entschieden? Kann sein. Ich meine, Veränderungen gehört zu haben. Aber wenn ich tief in mich gehe: Vermutlich war es eher intuitiv. Es fühlte sich an dem Tag, mit der Musik, einfach „richtig“ an. Aber was passiert da unter der Haube eigentlich wirklich? Bevor wir uns verrückt machen, lüften wir mal den Vorhang der Technik – und zwar so, dass man kein Mathe-Diplom braucht.

Der Technik-Check: Warum der DAC überhaupt filtert

Ein DAC (Digital-Analog-Converter) hat einen undankbaren Job. Er muss aus abgehackten digitalen Treppenstufen (Samples) wieder eine seidig glatte analoge Welle machen. Wenn man diese Treppenstufen einfach so verbindet, entsteht theoretisch unendlich viel „Ultraschall-Müll“ (sogenannte Spiegelfrequenzen oder Aliasing). Dieser Müll liegt zwar weit über dem, was wir hören (meist jenseits von 22 kHz), aber er kann den nachfolgenden Verstärker stressen oder Intermodulationen im hörbaren Bereich erzeugen. Der digitale Filter ist also der Türsteher. Er muss diesen Müll rausschmeißen, bevor das Signal an die Cinch- oder XLR-Buchsen geht.

Das Dilemma: Den perfekten Filter gibt es physikalisch nicht. Es ist wie beim Hausbau: Du kannst es billig, schnell oder gut haben – aber nie alle drei gleichzeitig. Beim Audiofilter muss man sich zwischen drei Übeln entscheiden:

  • Frequenzgang: Soll alles bis 20kHz kerzengerade bleiben?
  • Zeitrichtigkeit (Impuls): Soll der Ton sofort da sein oder darf er „schmieren“?
  • Phase: Darf sich das Signal zeitlich verschieben?

Daraus ergeben sich die üblichen Verdächtigen, die euch in den Menüs begegnen. Hier ist, was sie klanglich bewirken sollen:

1. Linear Phase / Fast Roll-off (Der „Messwert-König“)

Oft als Brickwall oder Standard bezeichnet. Er schneidet extrem steil ab, wie eine Ziegelmauer bei 22kHz. Was er tut: Er hält den Frequenzgang perfekt linear. Messtechnisch ein Traum.

Der Preis: Er erzeugt sogenanntes Pre-Ringing. Das ist der Knackpunkt. Bei einem harten Impuls (z.B. ein harter Snare-Schlag) entsteht ein künstliches, minimales Echo vor dem eigentlichen Ton. Das gibt es in der Natur nicht. Keine Trommel hallt, bevor sie geschlagen wird. Klang: Oft sehr analytisch, extrem detailliert, sauber. Aber manche empfinden es als „digital“, steril oder auf Dauer anstrengend, weil das Gehirn mit dem unnatürlichen Pre-Ringing fremdelt.

2. Minimum Phase (Der „Naturbursche“)

Oft als Low Latency oder Short Delay zu finden. Was er tut: Er eliminiert das unnatürliche Vorschwingen komplett. Die Energie des Impulses ist sofort da. Der Preis: Die Physik verlangt Ausgleich. Dafür schwingt der Ton nach (Post-Ringing) und es gibt leichte Phasenverschiebungen im Hochton. Klang: Das Post-Ringing stört uns kaum, denn das kennen wir aus der Natur (Raumhall, Ausklingen einer Saite). Dieser Filter klingt oft „knackiger“, mit mehr „Attack“ und Körper. Die räumliche Ortung kann sich aber minimal verändern. Viele Hörer (ich oft auch) bevorzugen das für Rock, Jazz und alles Handgemachte.

3. Slow Roll-off (Der „Audiophile Softie“)

Hier lässt der Türsteher die Zügel locker. Er schneidet die Höhen ganz sanft ab, statt die Tür zuzuknallen. Was er tut: Er hat das beste Impulsverhalten von allen. Kaum Ringing, weder vor noch nach dem Ton. Der Preis: Er lässt etwas Ultraschall-Dreck durch (Aliasing) und – das ist hörbar – die Höhen fallen oft schon im hörbaren Bereich (ab 16-18kHz) leicht ab. Klang: Sehr weich, entspannt, fließend, organisch. Es fehlt aber manchmal das letzte bisschen „Glanz“, „Luft“ oder „Drama“ ganz oben rum. Wer helle Lautsprecher hat, wird diesen Filter lieben.

Das große Fazit: Intuition oder Goldohr?

Kommen wir zurück zur Ausgangsfrage und meinen Erfahrungen mit dem dCS Elgar und dem LKS. Haben wir es hier mit dramatischen Unterschieden zu tun? Nein. Wer erwartet, dass ein Filterwechsel so klingt, als würde man die Lautsprecher tauschen, wird enttäuscht sein. Es geht hier um Nuancen. Es geht um die Art und Weise, wie Transienten (Anschläge) in den Raum gestellt werden und wie „nervös“ oder „ruhig“ das Klangbild wirkt. Warum bin ich beim dCS bei „Filter 1“ und beim LKS bei „Fast“ gelandet?

Wenn ich drüber nachdenke, ist es wahrscheinlich die Summe aus Kette und Psychoakustik:

Synergie: Mein LKS Wandler klingt von Haus aus eher präzise und analytisch aber nicht steril. Der „Fast“-Filter (wahrscheinlich Linear Phase) gibt ihm die nötige Präzision die mir gefällt. Er strafft das Bild. Charakter: Der dCS Elgar ist ein hochauflösendes Präzisionsinstrument. Filter 1 lässt hier wahrscheinlich eine gewisse Analytik und noch mehr Präzision durch. Was auch ganz nach meinem Geschmack ist. Natürlich ohne zu nerven.

Das Bauchgefühl (Die Intuition): Und das ist der wichtigste Punkt. Wir hören nicht nur mit den Ohren, sondern mit dem Gehirn. Wenn ich beim Durchschalten an einer Position hängen bleibe, bei der mein Fuß plötzlich wippt oder ich aufhöre, die Anlage zu analysieren und anfange, die Musik zu genießen – dann ist das der richtige Filter. Ob das technisch nun das geringste Pre-Ringing oder der linearste Frequenzgang war, ist völlig egal. Intuition ist oft nichts anderes als die unbewusste Summe aus Hörerfahrung. Wir hören, dass etwas „rastet“. Das Klangbild wirkt schlüssig.

Mein Rat an euch: Macht euch nicht verrückt mit den Graphen aus der Bedienungsanleitung. Nutzt die Filter als das, was sie sind: Ein Werkzeug zum Feintuning, nicht zur Klangreparatur. Probiert es aus, gebt euch Zeit. Und wenn ihr – wie ich – irgendwann einfach intuitiv an einer Einstellung hängen bleibt, weil es sich gut anfühlt: Lasst es so. Klebt notfalls ein Stück Klebeband über die Filter-Taste. Denn am Ende wollen wir Musik hören, keine Filterkurven.

Checkliste: So hörst du die Unterschiede 5 Tipps für den Ohren-Test

Mal eben schnell umschalten und sofort einen Unterschied hören? Das klappt bei Filtern fast nie. Man muss wissen, worauf man achten muss. Hier sind fünf Szenarien, mit denen du den Charakter deines Wandlers entlarvst:

1. Der „Snare-Drum“ Test (Fokus: Transienten & Attack)
Suche dir einen Track mit einer knackigen, trockenen Snare-Drum oder Handclaps (z.B. Daft Punk – „Get Lucky“ oder gut produzierter Jazz). Worauf achten? Konzentriere dich nur auf den ersten Millisekunden-Knall des Schlages. Der Unterschied: Bei Linear Phase (Fast) wirkt der Schlag oft extrem präzise, aber manchmal etwas „flach“ oder künstlich (durch das Pre-Ringing). Bei Minimum Phase sollte der Schlag körperhafter, „fetter“ und explosiver wirken – er springt dich mehr an.

2. Der „Becken“ Test (Fokus: Natürlichkeit & Ausklingen)
Nimm ein Stück mit viel Schlagzeug-Blech, Hi-Hats oder Ride-Becken (z.B. klassische Jazz-Trios oder Steely Dan).Worauf achten? Klingen die Becken wie echtes Metall oder eher wie ein synthetisches „Zischeln“ (White Noise)? Der Unterschied: Slow Roll-off Filter lassen Becken oft seidiger, weicher und metallischer ausklingen. „Scharfe“ Filter (Brickwall) können hier manchmal eine digitale Härte reinbringen, die nach einer Weile nervt.

3. Der „Solo-Piano“ Test (Fokus: Härte vs. Körper)
Das Klavier ist das schwerste Instrument für die Wiedergabe. Ein harter Anschlag (Hammer auf Saite) gefolgt von komplexem Ausklingen. Worauf achten? Hörst du den Filz des Hammers oder nur einen harten „Pling“? Der Unterschied: Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Wenn der Anschlag in den Ohren klingelt oder glasig wirkt, ist der Filter zu aggressiv. Ein guter Minimum Phase oder Hybrid-Filter gibt dem Piano Körper und Holz, ohne den Anschlag zu verwaschen.

4. Der „Raum & Hall“ Test (Fokus: Bühne)
Eine gute Live-Aufnahme oder Kirchenmusik (Chor). Worauf achten? Wie tief ist der Raum? Wie lange schwebt der Hall im Raum, bis er im Schwarz verschwindet? Der Unterschied: Linear Phase Filter punkten oft mit einer sehr breiten, stabilen Bühne und genauer Ortung. Minimum Phase verändert die Phase leicht – das kann die Bühne manchmal etwas kompakter, aber dafür „tiefer“ und greifbarer wirken lassen.

5. Der „Stress“ Test (Fokus: Langzeitwirkung)
Das ist der wichtigste Tipp. Schalte nicht alle 10 Sekunden um. Das Gehirn adaptiert zu schnell. Die Methode: Höre mit Filter A entspannt 10 Minuten Musik. Dann wechsle auf Filter B. Worauf achten? Nicht auf Einzelheiten, sondern auf dein Gefühl. Entspannst du dich? Wippt der Fuß? Oder runzelst du die Stirn und analysierst die Musik und erfreust Du dich daran?

Fazit: Der Filter, bei dem du vergisst, dass du die Anlage testest, ist der Richtige. Egal, wie er heißt.