Arvo Pärt CD Album Cover

Arvo Pärt  Alina

Arvo Pärt: Alina – Spiegel im Spiegel; Alexander Malter, Dieter Schwalke, Sergej Bezrodny & Vladimir Spivakov Hörbericht:

Overall Rating: ★★★★★ (5/5)

  • Label: ECM Records – ECM 1591 ECM New Series
  • Format: CD, Album, Vinyl, Streaming
  • Land: Germany
  • Veröffentlicht: 15. Oktober 1999
  • Genre: Classical
  • Stil: Contemporary / Zeitgenössisch
  • Werbung Amazon Link: Arvo Pärt

Arvo Pärt: Alina – „Spiegel im Spiegel“ und „Für Alina“

Das Album Alina von Arvo Pärt, veröffentlicht 1999, ist eines der intimsten und tiefgründigsten Werke des estnischen Komponisten und eine meisterhafte Darstellung seines minimalistischen Tintinnabuli-Stils. Dieser Stil, den Pärt in den 1970er Jahren entwickelte, basiert auf der Kombination einer Melodielinie und einer triadischen Begleitung, die auf mathematischer Präzision und spiritueller Symbolik beruhen. Auf dem Album werden zwei seiner emblematischsten Werke interpretiert: „Spiegel im Spiegel“ und „Für Alina“. Mit Alexander Malter, Dieter Schwalke, Sergej Bezrodny und Vladimir Spivakov kommen dabei vier außergewöhnliche Musiker zusammen, die den Werken jeweils eine eigene emotionale Tiefe verleihen.

Das Werk: „Spiegel im Spiegel“

„Spiegel im Spiegel“, 1978 komponiert, steht für Reinheit und Klarheit. Der Titel beschreibt eine visuelle Idee: Zwei Spiegel, die sich gegenüberstehen und ein Bild von unendlicher Wiederholung erzeugen. Musikalisch übersetzt Pärt dieses Konzept in ein dialogisches Wechselspiel zwischen einer sich wiederholenden Klavierfigur und einer langsamen, schwebenden Melodielinie, gespielt auf einem Melodieinstrument. Die Musik ist einfach, aber tief bewegend, und bietet Raum für kontemplatives Hören.

Das Stück ist geprägt von einer fast meditativen Ruhe, die durch die Interpreten auf diesem Album auf unterschiedliche Weise beleuchtet wird.

Die Interpreten und ihre Interpretationen

1. Alexander Malter (Klavier) & Dieter Schwalke (Violoncello)

Diese Aufnahme ist von einer besonderen Wärme geprägt. Die Verbindung von Klavier und Violoncello schafft eine intime Klanglandschaft, die sowohl melancholisch als auch tröstend wirkt.

  • Alexander Malter ist bekannt für sein sensibles und transparentes Spiel. Er bringt die repetitive Struktur des Klaviers mit einer außergewöhnlichen Klarheit zur Geltung. Seine Anschläge sind zart, und die dadurch entstehende Wirkung ist fast wie ein Flüstern, das die Zuhörer in einen Zustand tiefer Reflexion versetzt.
  • Dieter Schwalke, ein erfahrener Cellist, fügt eine emotionale Tiefe hinzu. Sein Cellospiel zeichnet sich durch eine warme, singende Tonqualität aus, die perfekt zur melancholischen Grundstimmung des Stücks passt. Die lange gehaltenen Töne auf dem Cello wirken wie ein Atemzug, der sich mit den zarten Klavierklängen verbindet.

Zusammen erzeugen Malter und Schwalke eine Version, die von einer innigen, fast privaten Atmosphäre lebt. Sie lädt den Hörer dazu ein, die Musik als persönliches Gespräch mit der Stille zu erleben.

2. Sergej Bezrodny (Klavier) & Vladimir Spivakov (Violine)

Diese Aufnahme bringt eine andere Dimension in das Stück. Hier wird „Spiegel im Spiegel“ mit Klavier und Violine interpretiert, was dem Werk eine hellere, schwebendere Qualität verleiht.

  • Sergej Bezrodny, ein Meister der pianistischen Präzision, bringt eine fast mathematische Perfektion in die Begleitung ein. Seine Klavierklänge wirken wie zarte, fließende Tropfen, die den meditativen Charakter des Werks hervorheben.
  • Vladimir Spivakov, einer der bekanntesten Geiger seiner Zeit, spielt die Melodielinie mit einer außergewöhnlichen Intensität. Sein Ton ist rein und kristallklar, wodurch die schlichte Schönheit des Stücks in den Vordergrund rückt. Er interpretiert die langen Linien der Violine mit einer leichten, fast schwerelosen Dynamik, die das Gefühl von Zeitlosigkeit verstärkt.

Diese Version des Stücks hat eine strahlendere und leichtere Ausstrahlung im Vergleich zur Version mit Cello und Klavier. Sie wirkt eher wie ein Blick in die Ewigkeit – weniger erdig, aber ebenso berührend.

3. Alexander Malter (Solo-Klavier in „Für Alina“)

„Für Alina“ ist das andere zentrale Werk des Albums. Es wurde 1976 komponiert und markiert den Beginn von Pärts Tintinnabuli-Stil. Das Stück ist minimalistisch und verwendet nur wenige Noten, die jedoch eine immense emotionale Tiefe tragen.

  • Alexander Malter, der das Solo spielt, interpretiert das Werk mit äußerster Zurückhaltung. Die Pausen zwischen den Noten sind ebenso wichtig wie die Klänge selbst. Malter legt den Fokus auf die Stille, die zwischen den Tönen entsteht, und schafft dadurch eine fast spirituelle Atmosphäre.

„Für Alina“ auf diesem Album dient als Gegenstück zu „Spiegel im Spiegel“. Während letzteres eine dialogische Form besitzt, wirkt „Für Alina“ introspektiv und einsam – eine Meditation, die nach innen führt.

Die Gesamtwirkung des Albums

Das Album Alina ist weit mehr als eine Sammlung von Musikstücken. Es ist ein meditativer Raum, in den der Hörer eintauchen kann. Die verschiedenen Interpretationen von „Spiegel im Spiegel“ und das Solo von „Für Alina“ zeigen, wie unterschiedlich sich Pärts Werke emotional entfalten können, je nachdem, welches Instrumentarium gewählt wird und welcher Interpret sie spielt.

Die Musiker auf diesem Album bringen unterschiedliche Schattierungen in die Musik ein:

  • Die Version mit Malter und Schwalke ist warm und erdig.
  • Die Interpretation mit Bezrodny und Spivakov wirkt klar und ätherisch.
  • Malters Solo am Klavier in „Für Alina“ ist introspektiv und still.

Diese Vielfalt macht Alina zu einem Album, das immer wieder neue Aspekte von Pärts Schaffen offenbart und eine universelle Botschaft von Frieden, Einfachheit und Transzendenz vermittelt.

Schlussgedanken

Alina ist ein Schlüsselwerk für das Verständnis von Arvo Pärts Musik. Es zeigt die Kraft der Reduktion und die Tiefe, die aus einfachsten musikalischen Mitteln entstehen kann. Die Interpreten tragen durch ihre sensiblen und hochindividuellen Darbietungen dazu bei, dass jedes Hören dieses Albums zu einem einzigartigen Erlebnis wird.

Für mich persönlich strahlt dieses wunderbare Album Sehnsucht, Liebe und Hoffnung aus. Auch wenn eine gewisse Melancholie mitschwingt, sind es die sanften Klaviertasten und die schwebenden Klänge der Violine, die mich so ungemein beruhigen, dass es kaum in Worte zu fassen ist. Sobald ich meine Augen schließe, habe ich den Eindruck, dass die Interpreten sich zur Aufgabe gemacht haben, mir meine negativen Gedanken zu nehmen. Stattdessen verspüre ich eine tiefe Liebe – zu den Menschen, die mich umgeben, zu mir selbst und zu meinem Leben. Diese Liebe überstrahlt sogar die schlimmsten Begegnungen, die ich erlebt habe.

Wie man eine solche Farbenpracht und eine lebendige Geschichte mit minimalistischen Klängen erzeugen kann, zeigen diese Interpreten eindrucksvoll. Es ist reine Kunst! Dieses Werk ist ein Geschenk – Danke dafür!

Tracklist von Arvo Pärts Alina:

  1. Spiegel Im Spiegel
    Piano: Sergej Bezrodny
    Violine: Vladimir Spivakov
    Dauer: 10:36
    Dieses Stück stellt die zenartige Ruhe und den minimalistischen Stil Pärts hervorragend dar. Die Klavierbegleitung, die sich in einem ruhigen, sich wiederholenden Muster entfaltet, wird von der Violine begleitet, die eine klare, träumerische Melodie spielt. Die Musik vermittelt eine Atmosphäre der Reflexion und des Loslassens, wobei die Violine sanft wie ein Fluss durch das Stück gleitet. Die Interpreten erzeugen eine meditative Stimmung, die den Hörer in eine tiefe, fast transcendierende Stille führt.
  2. Für Alina
    Piano: Alexander Malter
    Dauer: 10:47
    Für Alina ist eines der bekanntesten Werke von Arvo Pärt und enthält alles, was seinen minimalistischen Stil auszeichnet: Ruhe, Reduktion und Harmonie. In dieser Interpretation, gespielt von Alexander Malter am Klavier, kommen die sanften, wiederholenden Klavierklänge zu einer fast schwebenden Stimmung, die den Raum mit Ruhe füllt. Die langsamen Töne scheinen den Atem der Musik zu regulieren, und jeder Ton hat eine tiefere Bedeutung. Das Stück wirkt introspektiv und lädt zu einer persönlichen Meditation ein.
  3. Spiegel Im Spiegel
    Piano: Alexander Malter
    Violoncello: Dietmar Schwalke
    Dauer: 9:12
    In dieser Version von Spiegel Im Spiegel wird die Harmonie zwischen Klavier und Cello eindrucksvoll umgesetzt. Das Cello, gespielt von Dietmar Schwalke, fügt eine erdige Tiefe hinzu, die dem Werk eine intensivere, melancholische Dimension verleiht. Die Klavierbegleitung bleibt ruhig und repetitiv, während das Cello die langen, träumerischen Melodien in einer sich immer wiederholenden Weise entfaltet. Diese Kombination aus Klavier und Cello bringt eine besondere emotionale Intensität und schafft eine Atmosphäre des Trostes und der Ruhe.
  4. Für Alina
    Piano: Alexander Malter
    Dauer: 10:53
    Diese zweite Ausführung von Für Alina bleibt der Grundstimmung des ersten Tracks treu, aber die subtile Variation in Malters Spiel lässt das Stück in einer leicht anderen Lichtstimmung erscheinen. Es bleibt ein meditativer Klangraum, in dem jeder Ton einen tiefen, emotionalen Resonanzraum schafft. Malters Klavierspiel vermittelt sowohl die Zerbrechlichkeit als auch die Stärke der Melodie, und die Musik entführt den Hörer in eine Zeitlosigkeit, die sowohl beruhigt als auch nachdenklich macht.
  5. Spiegel Im Spiegel
    Piano: Sergej Bezrodny
    Violine: Vladimir Spivakov
    Dauer: 9:48
    Diese Version von Spiegel Im Spiegel bringt die ursprüngliche Idee von Pärts Komposition erneut zur Geltung, diesmal jedoch mit einer frischen, fast himmlischen Interpretation. Die Violine von Vladimir Spivakov fügt dem Werk eine leichte, fast ätherische Qualität hinzu, während Sergej Bezrodny das Klavier begleitet. Die wiederholende Struktur des Stücks bleibt der Schlüssel zu seinem meditativen Charakter, und die Kombination von Violine und Klavier schafft eine Klarheit und Harmonie, die die Schönheit der Melodien verstärken.