
DAC Chips vergleiche High End Audio
DAC-Chips im High-End-Audio: Welcher Wandler macht den besten Sound?
Von Mackern.de
Wer heute Musik hört, tut das fast immer digital. Ob Streaming, CD oder High-Res-Audio – am Ende muss aus den Nullen und Einsen wieder ein analoges Signal werden, das unsere Verstärker und Lautsprecher verstehen. Und genau hier kommt der Digital-Analog-Wandler (DAC) ins Spiel.
Doch nicht jeder DAC klingt gleich. Während Billigchips in Smartphones und Bluetooth-Boxen oft nur „irgendwie funktionieren“, setzen High-End-Hersteller auf spezialisierte Audio-Wandler mit eigenem Klangcharakter. ESS, AKM, Burr-Brown, Cirrus Logic und ROHM sind die großen Namen in der Szene – doch was macht ihre Chips so besonders? Und welcher DAC passt zu deinem Hörgeschmack?
Warum der DAC-Chip nicht alles ist (aber trotzdem extrem wichtig)
Bevor wir in die Welt der Wandlerchips eintauchen, eine kurze Warnung: Ein guter DAC allein macht noch kein gutes Audio-Gerät. Das Netzteil, die analoge Ausgangsstufe und selbst das Gehäuse haben massiven Einfluss auf den Sound. Trotzdem ist der DAC-Chip das Herzstück – er setzt den Grundton, den der Rest der Schaltung dann veredeln (oder versauen) kann.
Moderne DACs arbeiten fast alle nach dem Delta-Sigma-Prinzip, aber die Hersteller haben ganz unterschiedliche Ansätze, um das digitale Signal möglichst sauber in analoge Spannung zu verwandeln. Manche setzen auf maximale Messwerte, andere auf „musikalische Natürlichkeit“. Und dann gibt es noch Exoten wie Burr-Brown, die ganz eigene Wege gehen.
Die großen DAC-Hersteller im Vergleich
1. ESS Technology: Der Messkönig (Sabre ES9038PRO & Co.)
Für wen? Perfektionisten, die jedes Detail hören wollen.
Typischer Klang: Kühl, präzise, extrem analytisch.
ESS ist der unangefochtene Champion, wenn es um Technik-Specs geht. Die Sabre-Reihe (z. B. ES9038PRO) erreicht absurd hohe Dynamikwerte (bis zu 140 dB!) und kaum messbare Verzerrungen. Das Geheimnis? Die HyperStream-II-Architektur, die das Quantisierungsrauschen so geschickt verschiebt, dass es später leicht ausgefiltert werden kann.
Aber: So clean der Sound auch ist – manche finden ESS-Chips zu steril. Wer nach einem „musikalischen“, warmen Klang sucht, wird hier nicht immer glücklich.
Wo verbaut? Topping, Matrix Audio, Oppo UDP-205, viele High-End-Streamer.
2. AKM (Asahi Kasei): Der Analog-Liebhaber (AK4499EX & Velvet Sound)
Für wen? Leute, die Röhrenverstärker mögen – aber in digital.
Typischer Klang: Warm, räumlich, „fließend“.
Nach dem Fabrikbrand 2020 gab es eine kleine AKM-Krise, doch inzwischen ist der Hersteller zurück – mit dem AK4499EX und dem separaten Digitalfilter AK4191. AKM setzt auf Multi-Level-Delta-Sigma-Wandlung und nennt das „Velvet Sound“. Das Ergebnis? Ein Sound, der weniger auf absolute Messwerte optimiert ist, sondern subjektiv natürlicher klingt.
Vorteile:
- Sehr harmonische Mitten (perfekt für Vocals)
- Kein „digitaler“ Höhen-Biss
- Gute räumliche Darstellung
Nachteile:
- Nicht ganz so detailreich wie ESS
- Etwas weniger Dynamik
Wo verbaut? Luxman, Astell&Kern, Teac, viele japanische Highend-Geräte.
3. Burr-Brown (Texas Instruments): Der Oldschool-Charmeur (PCM1794A)
Für wen? Puristen, die kein Delta-Sigma mögen.
Typischer Klang: Unglaublich natürlich, aber nicht ultra-detailreich.
Burr-Brown (heute TI) geht einen ganz anderen Weg als ESS und AKM. Statt Delta-Sigma nutzt der PCM1794A eine segmentierte Wandlerarchitektur – und braucht deshalb eine externe I/U-Wandlung (oft mit hochwertigen Op-Amps realisiert).
Das Besondere? Viele Hersteller nutzen den Chip ohne Oversampling (NOS), was einen extrem analogen, entspannten Klang ergibt – aber auf Kosten von etwas Detailauflösung.
Wo verbaut? Naim, Accuphase, Audio Note (oft stark modifiziert).
4. Cirrus Logic & ROHM: Die Underdogs
Cirrus Logic (CS43198) findet man oft in portablen DACs (z. B. FiiO, iBasso). Der Klang ist solide, aber nicht ganz auf Highend-Niveau.
ROHM (BD34301EKV) dagegen wird von einigen Highend-Herstellern wie Luxman und Marantzgenutzt. Der Klang liegt zwischen AKM und ESS – etwas wärmer als Sabre, aber nicht so weich wie Velvet Sound.
Filter, Oversampling & Co.: Wie Hersteller den Sound manipulieren
Selbst wenn zwei Geräte den gleichen DAC-Chip nutzen, können sie komplett unterschiedlich klingen. Warum?
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Digitale Filter: Fast jeder DAC bietet verschiedene Filtereinstellungen (z. B. „Linear Phase“ vs. „Minimum Phase“). Die einen betonen Details, die anderen klingen natürlicher.
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FPGA-Nachbearbeitung: Marken wie Chord Electronics oder dCS verzichten komplett auf Standard-DACs und rechnen das Signal in eigenen FPGAs um.
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NOS-Modus (Non-Oversampling): Einige Geräte (z. B. von Audio Note) schalten das interne Oversampling ab – das klingt „vintagemäßiger“, aber mit weniger Höhenauflösung.
Die große Abtastraten-Debatte: Hören wir wirklich Unterschiede zwischen 44,1 kHz, 96 kHz und 192 kHz?
Bevor wir uns den DAC-Chips widmen, lohnt es sich, eine grundlegende Frage zu klären: Machen höhere Abtastraten wie 96 kHz oder 192 kHz überhaupt einen hörbaren Unterschied gegenüber der klassischen CD-Qualität (44,1 kHz)?
Die Wissenschaft sagt: Nein (meistens)
Eine der bekanntesten Studien zu diesem Thema stammt von Dr. Joshua Reiss (Queen Mary University of London) und wurde im AES Journal (Vol. 64, Issue 6, 2016) veröffentlicht. In einer Metaanalyse mehrerer Blindtests kam das Team zu einem klaren Ergebnis:
*“When considering high-resolution audio (above 44.1 kHz), the majority of listeners could not reliably distinguish between standard and high sample rates in controlled double-blind tests. The perceived differences often stem from uncontrolled variables (e.g., mastering differences) rather than the sample rate itself.“*
Andere Studien, darunter eine von Meyer & Moran (2007, AES Convention Paper 7366), fanden ähnliche Ergebnisse: Selbst auf hochwertigen Anlagen konnten Probanden keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen 44,1 kHz und höheren Raten (wie 96 kHz oder 192 kHz) erkennen – solange das Mastering identisch war.
Warum trotzdem viele „einen Unterschied hören“
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Mastering-Effekte: Oft werden High-Res-Versionen anders gemastert (lauter, dynamischer), was den Klang beeinflusst – nicht die Abtastrate selbst.
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Filterung im DAC: Bei 44,1 kHz müssen schärfere Anti-Aliasing-Filter eingesetzt werden, was theoretisch die Phase beeinflussen kann. Moderne DACs (z. B. ESS oder AKM) kompensieren das aber effektiv.
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Psychoakustik: Wenn wir wissen, dass wir „High-Res“ hören, neigen wir dazu, Unterschiede zu konstruieren (Placebo-Effekt).
Was bedeutet das für die DAC-Wahl?
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Ein guter DAC bei 44,1 kHz klingt besser als ein schlechter bei 192 kHz.
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High-Res kann sinnvoll sein, wenn das Mastering hochwertiger ist (z. B. weniger Kompression).
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Für die allermeisten Hörer reicht 44,1/48 kHz vollkommen aus – vorausgesetzt, die Wandlung ist sauber.
Fazit: Warum es den „perfekten“ DAC nicht gibt (und das auch gut so ist)
Die Welt der Digital-Analog-Wandler ist so vielfältig wie die Hörgewohnheiten der Audiophilen selbst. ESS, AKM, Burr-Brown, Cirrus Logic und ROHM – jeder Hersteller verfolgt eine eigene Philosophie, und genau das macht die DAC-Landschaft so spannend.
Technik vs. Musikalität – ein ewiger Trade-off?
Auf der einen Seite stehen Chips wie der ESS Sabre, die mit absurd hohen Dynamikwerten und mikroskopisch niedrigen Verzerrungen protzen. Sie sind die Referenz für alle, die maximale Detailauflösung wollen – perfekt für Studioanwendungen oder Hörer, die jedes noch so kleine Nuance im Mix erkennen möchten.
Doch was technisch brillant ist, muss nicht immer emotional berühren. Genau hier kommen AKM und Burr-Brown ins Spiel. Ihre Wandler opfern einen Hauch von analytischer Präzision, um stattdessen einen fließenden, organischen Klang zu liefern – den Sound, der dich stundenlang in den Sessel sinken lässt, ohne dass es anstrengend wird.
Die Illusion der „neutralen“ Wiedergabe
Ein oft übersehener Punkt: Jeder DAC färbt. Selbst die „neutralsten“ Wandler wie die von ESS haben eine klangliche Signatur. Die Frage ist nicht, welcher Chip objektiv am genauesten ist (das lässt sich ohnehin kaum bestimmen), sondern: Welcher Klangcharakter spricht dich an?
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Brauchst du die ultimative Auflösung, um jedes Studio-Reverse in deinem Lieblingssong zu hören? → ESS
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Suchst du einen dichten, warmen Sound, der an Röhrengeräte erinnert? → AKM
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Stehst du auf entspannte Natürlichkeit ohne digitale Schärfe? → Burr-Brown im NOS-Modus
Der DAC ist nur ein Puzzleteil
So wichtig der Wandlerchip auch ist – er ist nur ein Faktor von vielen. Ein billiger ESS-DAC in einem schlecht designten Gerät klingt oft schlechter als ein simpler AKM-Chip in einer durchdachten Schaltung. Netzteil, Analogstufe, Gehäuseisolation – all das formt den Sound mindestens so sehr wie der DAC selbst.
Letzter Gedanke: Hören, nicht spekulieren!
Die Diskussionen über DACs werden oft hitzig geführt, mit technischen Daten um sich geworfen wie Münzen in einen Brunnen. Doch am Ende zählt nur eines: Wie klingt es für dich?
Manche lieben die glasklare Präzision von ESS, andere schwören auf die samtige Wärme von AKM – und wieder andere mischen bewusst (z. B. mit einem R2R-DAC wie dem Denafrips Ares). Das Schöne daran: Es gibt keine falsche Wahl, solange du mit dem Sound glücklich bist.
Die Diskussion um Abtastraten ist oft überbewertet. Statt sich auf Zahlen zu fixieren („192 kHz muss besser sein!“), lohnt es sich, auf qualitativ hochwertige Quellen und eine gute DAC-Implementierung zu achten.
Und du?
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Glaubst du, Unterschiede zwischen 44,1 kHz und High-Res zu hören?
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Hast du schon mal einen Blindtest gemacht?
Also: Hörproben machen, nicht auf Messwerte fixieren – und genießen. Denn darum geht’s am Ende.
Weiterführende Ressourcen
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Blindtest-Anleitungen:
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Technische Hintergründe:
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Wissenschaftliche Studien:
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Reiss, J.D. (2016):
„A Meta-Analysis of High Resolution Audio Perceptual Evaluation“
AES E-Library (kostenpflichtig) -
NHK Research Labs (2019):
„Subjective Evaluation of High-Resolution Audio“
IEEE Xplore
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Hinweis:
Die AES-Papers sind teilweise kostenpflichtig, aber in vielen Universitätsbibliotheken zugänglich. Die verlinkten Community-Tests (Archimago, ASR) bieten praktische, nachvollziehbare Experimente für Hifi-Enthusiasten.