ESS vs. AKM? Völlig egal! Das Geheimnis der Ausgangsstufe
Der große DAC-Irrtum?: Warum ihr aufhört müsst, auf Chips zu starren (und was Rose, Eversolo, Auralic & Co. wirklich unterscheidet)
ja ja, und nun sind wir bei einem Thema, das viele da draußen vielleicht erst gar nicht berichten oder sich nicht trauen, anzufassen. Aber wir müssen da mal ran. Butter bei die Fische. Bei uns in der Gruppe geht es aktuell wieder rund. Da werden Klangunterschiede und Erfahrungen über verschiedene Wandler und Streamer quasi im Minutentakt abgefeuert. Natürlich reden wir hier auch über Streamer, die den Wandler (DAC) direkt eingebaut haben – sei es nun ein Chip von ESS oder von AKM. Man kennt die Pappenheimer ja. Aber was da neulich passierte, gab mir zu denken.
Das „Rose-Bashing“ und die falsche Fährte
Einstimmig wurde in der WhatsApp-Gruppe über die HiFi Rose Streamer geschimpft (okay, sagen wir ruhig: geschrumpft). Die Urteile waren hart: „Sie klingen nicht.“ „Verhangen.“ „Langweilig und steril.“
Und noch weitere Bezeichnungen, die wir hier nicht alle wiederholen müssen, die aber im Kern eines sagen: Keine Musik, nur Töne. Das Ding ist aber: Das kann ich so pauschal gar nicht stehen lassen. Vor allem dann nicht, wenn man selber einen DAC im Rack stehen hat, der mit exakt demselben ESS DAC-Chip versehen ist wie der gescholtene Streamer, aber rein gar nichts von diesen negativen Klangbeschreibungen zeigt. Im Gegenteil, da spielt die Musik, da ist Leben drin!
Wie kann das sein? Gleicher Chip, völlig anderer Sound?
Hier mal eine klare Ansage an alle, die schnell urteilen: Kurz am Rande: Wenn dir der Rose, der Eversolo oder was auch immer klanglich nicht gefällt, liegt das mit großer Wahrscheinlichkeit NICHT an deinem DAC-Chip, sondern an der Ausgangsstufe! Schluss mit dem Schubladen-Denken Leider werden viel zu oft pauschale Urteile gefällt, so auch bei uns in der Gruppe: „Bäh, ich mag keine ESS Chips, die klingen immer so analytisch.“ oder „Nur AKM hat den Velvet Sound.“ Freunde, das ist Quatsch. Deshalb verdient es die Sache, etwas genauer angeschaut zu werden als nur auf den Chip-Namen im Datenblatt zu schielen.
Der heimliche Held: Die analoge Ausgangsstufe
Stellt euch den DAC-Chip (den ESS Sabre oder den AKM) als das Gehirn vor. Er ist ein mathematisches Genie. Er rechnet Nullen und Einsen extrem präzise um. Aber er hat keine Kraft. Er ist ein Nerd im Labor. Das Signal, das aus diesen High-End-Chips kommt, ist oft gar keine Spannung (Volt), die euer Verstärker braucht, sondern ein winziger, schwächlicher Strom (Ampere). Und hier kommt die Ausgangsstufe ins Spiel. Sie ist der Muskel. Und ohne Muskeln bringt das beste Gehirn die PS nicht auf die Straße.
Warum ist dieser Teil (nach dem Chip) wichtiger als der Chip selbst? Hier sind die drei Gründe, warum ein Gerät „steril“ klingt und das andere „magisch“:
1. Die I/V-Wandlung (Hier passiert die Magie oder der Murks)
Der Strom aus dem Chip muss in Spannung gewandelt werden. Das muss unfassbar schnell und präzise passieren. Sparst du hier und nimmst einen 08/15-Standard-Schaltkreis? Dann klingt es flach und technisch. Baust du das aufwendig auf? Dann bekommst du Dynamik und Attacke.
2. Der Müll muss raus (Filterung)
Digitalwandlung erzeugt hochfrequenten digitalen „Müll“ (Rauschen im Megahertz-Bereich). Die Ausgangsstufe muss das rausfiltern, ohne die Musik im hörbaren Bereich zu kastrieren. Ein schlechter Filter macht den Klang „verhangen“ oder phasenverschoben. Da habt ihr eure Erklärung für schlechte Bühnenabbildung!
3. Kraft für das Kabel (Pufferung)
Das Signal muss durch eure Cinch- oder XLR-Kabel zum Verstärker. Hat die Ausgangsstufe hier keine „Eier“ (sprich: eine niedrige Ausgangsimpedanz und stabile Stromversorgung), dann klingt es dünn, sobald ein Kabel dran hängt.
Fazit: Lasst euch nicht vom Datenblatt blenden!
Machen wir uns nichts vor: Der DAC-Chip ist wichtig, keine Frage. Aber ihn zum alleinigen Qualitätsmerkmal zu erheben, ist so, als würde man die Qualität eines Restaurants nur danach beurteilen, ob der Koch Salz verwendet. Natürlich nutzt er Salz! Die Frage ist aber: Was macht er daraus? Ein ESS Sabre oder ein AKM Chip ist am Ende des Tages ein Massenprodukt. Ein hochkomplexes, geniales Bauteil, ja – aber es kostet im Einkauf für die Hersteller oft weniger als ein vernünftiges Mittagessen. Der Chip liefert nur das Rohmaterial. Er liefert die Pflicht. Die Kür – also das, was uns emotional packt, was uns die Augen schließen und die Musiker im Raum spüren lässt – passiert in der analogen Ausgangsstufe.
Warum klingen dann manche dieser modernen „Alles-Könner-Streamer“ mit riesigen Touch-Displays oft so seltsam steril oder lustlos, obwohl der „beste“ Chip drinsteckt?
Ganz einfach: Budget-Verteilung. Ein Gehäuse aus dem Vollen gefräst kostet Geld. Ein riesiges, hochauflösendes Touch-Display kostet Geld. Eine Software-Entwicklung, die flüssig läuft, kostet ein Vermögen. Wenn ein Hersteller ein Gerät für 2.000 oder 3.000 Euro auf den Markt bringt, das aussieht wie ein Raumschiff, dann muss irgendwo gespart werden. Und leider wird der Rotstift oft genau da angesetzt, wo man es im Laden nicht sieht, aber zu Hause hört: bei der analogen Sektion.
Da werden dann statt aufwendiger, diskreter Schaltungen (die Platz und teure Bauteile brauchen) winzige Standard-Operationsverstärker (Op-Amps) für ein paar Cent verbaut. Die messen sich im Labor super, haben tolle Klirrfaktoren, aber sie klingen eben oft nach… nichts. Seelenlos. Das ist der Grund, warum in unserer WhatsApp-Gruppe die Fetzen fliegen. Wenn der Kollege schreibt: „Der Rose klingt verhangen“ oder „Der Eversolo nervt mich in den Höhen“, dann hört er nicht den ESS-Chip. Er hört eine Ausgangsstufe, die mit der Komplexität der Musik überfordert ist, sobald es mal dynamisch zur Sache geht. Er hört Kompromisse.
Also: Wenn ihr wirklich wissen wollt, was ein Wandler kann, dann schaut nicht nur auf das Logo des Chipherstellers.
- Schaut euch das Innenleben an.
- Seht ihr da dicke Kondensatoren?
- Seht ihr eine separate Stromversorgung für den analogen Teil?
Wird Platz verschwendet für die Schaltung, oder ist alles auf Fingernagelgröße zusammengequetscht? Ein „langweiliger“ ESS-Chip kann in einer Umgebung mit fetter Röhren-Ausgangsstufe oder einer massiven Class-A Transistorschaltung plötzlich klingen wie von einem anderen Stern – warm, druckvoll, organisch.
Merke: Wer High-End will, muss aufhören, Computer-Datenblätter zu lesen, und anfangen, analoge Ingenieurskunst zu würdigen. Der Chip ist der Startblock, aber die Ausgangsstufe ist das Ziel. Und wir wollen ins Ziel.
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