CD Cover mit einer Schrift drauf

Dave Grusin – Dave Grusin Presents West Side Story

Dave Grusin Presents West Side Story – Eine musikalische Hommage 

Album Informationen:

  • Label: N2K Encoded Music – N2K-10021
  • Format: CD, Album, Stereo, Streaming
  • Land: USA
  • Veröffentlichung: 1997
  • Genre: Jazz, Latin
  • Stil: Latin Jazz, Kaufhausjazz
  • Werbung Amazon Link: Dave Crusin

Produktionshintergrund & Idee

Das Album Dave Grusin Presents West Side Story erschien im Jahr 1997 auf dem Label N2K Encoded Music, das Grusin selbst mitbegründet hatte. Die Produktion ist eine stilistisch moderne, jazz-orientierte Neuinterpretation der legendären Musik von Leonard Bernstein und Stephen Sondheim, die 1957 das Musical West Side Story auf die Bühne brachten.

Die Grundidee hinter dem Album war es, diese ikonische Musik mit dem ästhetischen und klanglichen Anspruch zeitgenössischer Jazzmusiker neu zu beleben. Grusin, bekannt für seine ausgefeilten Arrangements und sein Gespür für Klangfarben, stellte dafür ein hochkarätiges Ensemble zusammen, bestehend aus Künstlern wie Lee Ritenour, Chick Corea, Arturo Sandoval, Michael Brecker, Joshua Redman, Patti Austin, Gloria Estefan und vielen anderen. Ziel war es, nicht nur ein Tribut-Album zu schaffen, sondern ein Kunstwerk, das die Musik von Bernstein im Licht des modernen Jazz und der Fusion aufleben lässt – energetisch, detailverliebt und audiophil.

Dave Grusins Werdegang

Dave Grusin (1934 in Littleton, Colorado) ist ein US-amerikanischer Pianist, Komponist, Arrangeur und Produzent – einer der einflussreichsten Musiker im Bereich des Crossover-Jazz und der Filmmusik. Er studierte Musik an der University of Colorado und arbeitete zunächst als Arrangeur und Pianist für Künstler wie Andy Williams. Seine Karriere als Filmkomponist begann in den 1960er Jahren und brachte ihm später unter anderem einen Oscar für die Musik zu The Milagro Beanfield War (1988) sowie mehrere Grammys ein.

Grusin war maßgeblich daran beteiligt, den digital aufgenommenen Jazz in den 1980er und 90er Jahren zu etablieren. Sein Label GRP (Grusin-Rosen Productions), das er mit Larry Rosen gründete, galt als audiophile Referenz, vor allem wegen der konsequent digitalen Aufnahme- und Masteringprozesse.

Mein persönlicher Kommentar – Eine kritische Reflexion

Ich bin im Besitz dieses Albums, habe es aber sicherlich seit über zehn Jahren nicht mehr gehört – es stand schön sortiert im CD-Regal, unauffällig und vergessen. Dass es nun, nach all der Zeit, wieder in mein Bewusstsein gerückt ist, zeigt, wie sehr Musik – selbst wenn sie im Dornröschenschlaf liegt – doch eine Wirkung entfalten kann, wenn man sie nur wieder freilegt.

Der Anlass für diese Wiederentdeckung war ein YouTube-Video, auf das ich vor einigen Wochen gestoßen bin. Der Creator darin äußerte sich in einer Weise, die mich ehrlich gesagt sprachlos gemacht hat – mit Aussagen wie:

Neutralität ist das Fehlen an Bandbreite“
„Neutrale Verstärker beschneiden solche Alben durch ihre fehlende Bandbreite“

Ich musste diese Sätze mehrmals auf mich wirken lassen. Nicht, weil ich sie nachvollziehen konnte – sondern weil sie derart irreführend sind, dass es mir die Sprache verschlagen hat. Solche Aussagen widersprechen nicht nur grundlegenden physikalischen Prinzipien, sondern zeigen auch ein eklatantes Missverständnis davon, worum es bei Audiotechnik wirklich geht.

Insbesondere Transistorverstärker haben doch die Möglichkeit, das gesamte Spektrum der Bandbreite von 20 Hz bis 20 kHz – und weit darüber hinaus – abzubilden. Viel entscheidender ist aber, dass sie die Transienten sauber durchlassen, ohne sie künstlich abzurunden, nur damit es sich „warm“ anhört. Genau das ist doch die Aufgabe eines neutralen Verstärkers: nicht zu färben, nicht zu beschneiden, sondern die Musik so weiterzugeben, wie sie aufgenommen wurde.

Was mich an der Sache am meisten stört: Dass solche Aussagen auch noch von vielen geglaubt werden. Unglaublich! Die HiFi-Welt scheint für Mythen, Halbwissen und ideologisch aufgeladene Glaubenssätze besonders anfällig zu sein – vor allem, wenn diese mit Marketingstrategien verknüpft werden. Da wird dann aus einem nett klingenden Lautsprecher plötzlich ein „High-End“-Wunder gemacht, das angeblich Dinge leistet, für die es physikalisch schlicht nicht gebaut wurde.

Ich habe in dem Zusammenhang auch an eine Le Petit gedacht. Sicherlich ein interessanter Lautsprecher – auf seine Art charmant. Aber dieses Album ist stellenweise so tief und dynamisch aufgenommen, dass die Le Petit schlichtweg überfordert ist. Diese Bässe kann sie nicht verarbeiten. Die Aufnahme ist zwar gut aber in Ihrer Pracht nur dann wirklich duschhörbar wird, die Anlage und die Lautsprecher dazu zulassen.  Da muss man ehrlich sein. Von „High-End“ zu sprechen, ist in dem Kontext schlicht irreführend. Solche Aussagen kommen oft von Menschen, die in ihrem Leben noch keine wirkliche Schnittmenge mit echtem High-End hatten, aber sich dennoch ein Urteil erlauben, das jeder fundierten Erfahrung entbehrt. Es man sein, das die Kombination aus aus ein Paar Le Petit und einem guten Röhrenverstärker durchaus gut klingen mag, aber das alles im Kontext zur High End zusetzen, ist frech und irreführend!

Wie dem auch sei – das Album ist klanglich gut produziert. Man muss diese Art von Jazz allerdings mögen. Meiner ist es nicht. Ich bin durchaus ein Jazzer, aber Dave Grusin presents West Side Story spricht mich musikalisch nicht besonders an. Klanglich jedoch – ohne Zweifel eine befriedigende  Aufnahme.

Schlusswort – Das Album in meiner Wahrnehmung

Dave Grusin presents West Side Story ist ohne Frage ein gut produziertes Album. Die Aufnahmequalität ist okay – detailreich, dynamisch und mit einer schönen räumlicher Tiefe. Man merkt, dass hier erfahrene Musiker am Werk waren, die mit großer Präzision und musikalischem Feingefühl gearbeitet haben. Das Klangbild ist makellos und audiophil – ein echtes Lehrstück in Sachen Studioarbeit und Arrangementkunst.

Trotzdem – und das sage ich ganz offen – erreicht mich das Album emotional nicht. Ich bin zwar ein Jazzer, und ich schätze auch komplexe Arrangements und Crossover-Projekte, aber diese Mischung aus Musical-Thematik, orchestraler Breite und modernem Jazz trifft einfach nicht meinen persönlichen Nerv. Das hat nichts mit der Qualität der Musik zu tun – sondern schlicht mit Geschmack.

Was mir fehlt, ist ein gewisser roher, improvisatorischer Kern, den ich im Jazz besonders schätze. West Side Story in dieser Version ist stark durcharrangiert, fast schon cineastisch inszeniert – was für sich genommen beeindruckend ist, aber mir zu wenig Raum lässt für spontane Energie und emotionales Ungleichgewicht. Es ist eben mehr eine große musikalische Geste als ein intimes Jazz-Erlebnis.

Dennoch bleibt mein Respekt für dieses Album ungebrochen. Ich erkenne die Leistung an, auch wenn ich keinen persönlichen Zugang dazu finde. Es ist ein Album, das man gehört haben sollte – vor allem als audiophiler Hörer oder als jemand, der sich für die Schnittstelle von Jazz und orchestraler Konzeptkunst interessiert. Nur eben – für mich persönlich bleibt es eher ein akustisches Kunstwerk im Regal als ein Herzensalbum.

Trackliste:

1. Prologue – 5:01

Arrangement: Dave Grusin, Don Sebesky
Solisten:

  • Dave Weckl (Drums)

  • Bill Evans (Sopransaxophon)

  • Arturo Sandoval (Trompete)

Der Opener vermittelt sofort die dramatische Spannung und urbanen Klang des Originals – aber in jazziger, rhythmisch akzentuierter Form. Die kraftvolle Trompete von Sandoval und die brillanten Drums von Dave Weckl verleihen dem Stück eine elektrisierende Energie.


2. Something’s Coming – 5:34

Arrangement: Dave Grusin, Don Sebesky
Solist: Michael Brecker (Tenorsaxophon)

Ein swingender Titel mit viel Vorwärtsdrang. Michael Brecker brilliert mit einem emotional aufgeladenen Solo. Die Spannung des Originals bleibt erhalten, bekommt aber durch den Jazzkontext neue Tiefe und Bewegung.


3. The Jet Song – 7:42

Arrangement: Dave Grusin, Michael Abene
Solisten:

  • Ronnie Cuber (Baritonsax)

  • Dave Grusin (Piano)

  • George Young (Piccoloflöte)

Ein rhythmisch komplexes, beinahe sarkastisch wirkendes Stück, das mit Percussion und Bläsern spielt. Der Dialog zwischen Cuber und Grusin bringt Spannung, die Flöte setzt einen ungewöhnlichen, fast schelmischen Kontrast.


4. Maria – 4:24

Arrangement: Dave Grusin
Gesang: Jonathan Butler

Eine gefühlvolle Vocal-Version dieses Liebeslieds. Jonathan Butler bringt Wärme und eine fast gospelartige Emotionalität hinein, begleitet von zurückhaltendem, doch farbenreichem Arrangement.


5. Cool – 4:48

Arrangement: Dave Grusin, Tom Scott
Solisten:

  • John Patitucci (Kontrabass)

  • Lee Ritenour (Gitarre)

Ein funky, cool swingendes Arrangement – wie der Titel verspricht. Patituccis Bassspiel ist virtuos und treibend, Ritenour bringt mit seiner Gitarre stilistische Raffinesse ein. Die Atmosphäre bleibt lässig und rhythmisch komplex.


6. Tonight – 4:05

Arrangement: Dave Grusin
Gesang: Gloria Estefan
Solist: Michael Brecker (Tenorsaxophon)

Ein eleganter, romantischer Song, der durch Gloria Estefans klare Stimme veredelt wird. Michael Breckers Saxophonsolo setzt einen sehnsüchtigen Akzent. Insgesamt wirkt die Nummer wie ein ruhiger Höhepunkt des Albums.


7. I Feel Pretty – 5:16

Arrangement: Dave Grusin
Solist: Dave Valentin (Flöte)

Dieser Song wird hier als leichtfüßige Latin-Nummer interpretiert. Dave Valentin bringt mit seiner Flöte viel Farbe, Witz und rhythmische Leichtigkeit in den Titel, ohne ins Kitschige abzugleiten.


8. One Hand, One Heart – 4:30

Arrangement: Dave Grusin
Solist: Dave Grusin (Piano)

Ein kammermusikalisch-intimer Moment auf dem Album. Grusin interpretiert das Stück sehr persönlich und schlicht am Flügel – mit viel Gefühl, aber ohne Pathos. Einer der ruhigsten und authentischsten Momente der Aufnahme.


9. Somewhere – 4:26

Arrangement: Dave Grusin
Gesang: Jon Secada
Solist: Bill Evans (Sopransaxophon)

Ein weiteres Vocal-Highlight. Jon Secada verleiht dem berühmten Titel eine moderne Soul-Note. Bill Evans’ Saxophon schafft eine atmosphärische Tiefe. Hier trifft Musical auf Contemporary Jazz.


10. America – 8:20

Arrangement: Dave Grusin, Michael Abene
Solisten:

  • Bill Evans (Sopransaxophon)

  • Arturo Sandoval (Trompete)
    Backing Vocals: Verschiedene Sänger*innen

Der fulminante Schlusspunkt. America ist rhythmisch kraftvoll, mit starkem Latin-Einschlag. Die Gesangssektionen, die perkussive Basis und die Soli ergeben eine mitreißende Fusion-Nummer mit orchestraler Power.

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