Nik Bärtsch Mobile: Ritual Groove Music  Asketische Ekstase oder der perfekte Zen-Funk?

Nik Bärtsch Mobile: Ritual Groove Music Asketische Ekstase oder der perfekte Zen-Funk?

Nik Bärtsch’s Mobile – RITUAL GROOVE MUSIC

  • Label: Ronin Rhythm Records – RON 001
  • Serie: Ritual Groove Music – 1
  • Format: CD, Album, Reissue, Stream
  • Land: Switzerland
  • Veröffentlicht: 2006
  • Genre: Jazz / Ritual Groove Music
  • Stil: Contemporary Jazz
  • Amazon Link: Nik Bärtsch’s Mobile 

Hörbericht: Das Auge im Hurrikan der Wiederholung

Das Ritual der Konsequenz

Es gibt Alben, die hört man nebenbei. Und dann gibt es Werke, die fordern eine Entscheidung. Nik Bärtsch’s Ritual Groove Music mit seinem Ensemble Mobile ist Letzteres – es ist keine beiläufige Hintergrundbeschallung, sondern eine klangliche Exerzitienordnung.

Der Schweizer Pianist, Komponist und Aikidō-Praktiker Bärtsch hat sich mit diesem Werk aus dem Jahr 2004 (dessen Wurzeln bis 2000 zurückreichen) nicht nur seine eigene Nische geschaffen, sondern ein eigenes Genre. Er nennt es Ritual Groove Music. Und dieser Name ist die ultimative Gebrauchsanweisung für das Gehör.

Die Akustische Ästhetik

Hier herrschen nicht die weichen, freien Formen des typischen ECM-Jazz, sondern die stählerne Disziplin der amerikanischen Minimal Music, durchdrungen von der körperlichen Wucht des Funk und der meditativen Konzentration japanischer Ritualmusik.

Wir sprechen hier nicht über 08/15-Fusion. Bärtsch arbeitet mit Modulen – nummerierten Kompositionen, die auf ständigen, winzigen Wiederholungen und Überlagerungen basieren. Das Klavier ist dabei oft der mechanische Anker, der ein komplexes rhythmisch-harmonisches Muster setzt, das von Don Li (Bassklarinette, Altsaxofon), Mats Eser(Marimba, Percussion) und Kaspar Rast (Drums, Ritual Groove Set) in ein schier unendliches, organisches Geflecht transformiert wird.

Besonders faszinierend: Das Schlagzeugspiel von Rast. Es ist keine simple Begleitung, sondern ein pulsierender, hyperpräziser Motor, der die repetitiven Zyklen antreibt, sie aber durch mikroskopische Akzentverschiebungenständig in Bewegung hält. Dies ist Zen-Funk in seiner reinsten Form. Es ist asketische Ekstase.

Die Klangbühne: Reduktion als High-End-Erlebnis

Für den audiophilen Hörer ist Ritual Groove Music eine Offenbarung der Klarheit und Dynamik. Die Produktion ist herausragend – keine Überhöhung, sondern die präzise Abbildung eines akustischen Quartettes. Die Instrumente stehen plastisch im Raum.

Man hört nicht nur die Noten, man spürt die Luft zwischen den Schlägeln von Eser und den Platten des Marimbas. Der Bass-Anteil ist subtil, aber fundamental. Er liefert keine aufgedickte Tiefe, sondern die physische Erdung für die schwebenden, sich verändernden Muster darüber. Gerade die prepared piano-Elemente von Bärtsch selbst fordern die Auflösung und Impulstreue jeder Kette heraus. Man spürt das Holz, das Metall, die unmittelbare Reaktion der Resonanz.

Es ist, wie Bärtsch es selbst beschreibt: „Aus selbstauferlegter Beschränkung entsteht Freiheit.“

Schlusswort:

Dieses Album ist ein Lackmustest für Ihr Hörverständnis und Ihre Anlage. Es lehrt uns, dass wahrer Groove nicht in der Lautstärke, sondern in der Konstanz der Abweichung liegt. Die Module entwickeln eine hypnotische Sogwirkung; sie sind meditativ und fordernd zugleich.

Wer hier nur einen repetitiven Jazz-Funk-Versuch hört, hat entweder nicht zugehört, oder seine Anlage liefert die notwendige Detailauflösung nicht, um die feinen, aber essentiellen Verschiebungen innerhalb der Rhythmen zu erkennen.

Ritual Groove Music ist ein Meilenstein. Kaufen Sie es in der bestmöglichen Qualität – es ist Musik für den Körper und die Seele, und es ist High-End-Jazz in seiner kompromisslosesten Form.

Titel (Modul) Länge Kurze Beschreibung des Moduls (Charakteristik)
Modul 5 ca. 8:56 Einer der klassischen, treibenden Module Bärtschs. Er zeichnet sich durch ein repetitives, pulsierendes Klavier-Riff aus, das sich langsam in tranceartige Zustände hineinsteigert. Die Musik entwickelt eine starke, hypnotische Sogwirkung.
Modul 11 ca. 9:20 Oft ein komplexeres Modul mit verschachtelten, polymetrischen Rhythmen. Hier verschieben sich die Muster zwischen den Instrumenten (Piano, Drums, Percussion) gegeneinander und erzeugen ein dichtes, rhythmisches Geflecht, das sich ständig leicht verändert, ohne den Grund-Groove zu verlieren.
Modul 4 ca. 3:53 Ein kürzeres und oft kammermusikalischeres Modul, das die akustische Präzision des Ensembles hervorhebt. Es dient möglicherweise als atmosphärischer Übergang oder als Moment der rhythmischen Verdichtung.
Modul 12 ca. 5:41 Dieses Modul tendiert oft zu einer melodischeren oder harmonisch klareren Struktur, bleibt aber in der repetitiven Ästhetik. Es kombiniert oft die Zen-artige Ruhe mit einem subtilen, unterschwelligen Funk-Element.
Modul 4 II ca. 0:47 Eine sehr kurze Reprise oder ein kurzes Interludium des Modul 4. Solche kurzen Stücke werden von Bärtsch häufig zur Unterbrechung, zur atmosphärischen Abkühlung oder zur Vorbereitung auf das nächste größere Modul verwendet. Könnte stressen!
Modul 2 ca. 7:07 Ein grundlegender und früher Modul, der oft eine archaische und rohe Energie besitzt. Hier können die Einflüsse von Funk und afrikanischen Rhythmen besonders spürbar sein, wobei die Betonung auf einem tiefen, erdigen Groove liegt.
Modul 12 II ca. 8:02 Eine ausführlichere zweite Version oder Variation des Modul 12. Die „II“ deutet darauf hin, dass die ursprüngliche Idee des Moduls aufgegriffen, aber in Rhythmus, Dynamik oder Besetzung neu interpretiert und erweitert wird, um ein neues Ritual zu schaffen.

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