Echos of Swing Travelin‘
Echos of Swing Travelin‘ Hörbericht:
Overall Rating: ★★★☆☆ (3/5)
- Label: ACT (4) – 9104-2
- Format: CD, Album
- Land: Deutschland
- Veröffentlichungsdatum: 23. Februar 2018
- Genre: Jazz
- Stilrichtung: Contemporary Jazz
Travelin’, das 2018 veröffentlichte Album der 1997 gegründeten und international anerkannten Band Echos of Swing, ist ein ambitioniertes Werk, das klassischen Swing und Mainstream-Jazz mit eigenen musikalischen Ideen vereint. Unter dem Label ACT erschienen, zeigt das Album den besonderen Stil des Quartetts, das aus dem Trompeter und Sänger Colin T. Dawson, dem Saxophonisten Chris Hopkins, dem Pianisten Bernd Lhotzky und dem Schlagzeuger Oliver Mewesbesteht. Die Musiker gelten als wahre Virtuosen, die ihre Interpretation traditioneller Jazzstandards mit Hingabe und Spielwitz neu erfinden. Durch ihre kreative Leistung und technische Brillanz hat sich die Band als eine der führenden Swing-Gruppen Europas etabliert.
Das Quartett bringt mit Travelin’ eine Vielzahl musikalischer Eindrücke zum Ausdruck, die an die Erlebnisse und Bilder einer langen Reise erinnern. Eigenkompositionen und anspruchsvolle Arrangements verleihen dem Album eine intellektuelle Tiefe und reflektieren die umfassende Kenntnis der Jazzgeschichte, die die Musiker beherrschen. Hier sind keine einfachen Klänge zu hören: Jede Note, jede rhythmische Wendung zeugt von einer stilistischen Raffinesse, die allerdings für mich zu komplex und nicht leicht nachvollziehbar bleibt. Auch mit einer hochwertigen Stereoanlage erschließt sich die Musik nicht vollends; die harmonischen Übergänge und strukturellen Brüche lassen das Gesamtbild fragmentiert erscheinen.
Besonders hervorzuheben sind die kreativen Arrangements der Bandmitglieder: Chris Hopkins hat Stücke wie die Tracks 1, 4 und 6 bis 8 arrangiert, Bernd Lhotzky widmete sich unter anderem den Arrangements von Tracks 2 und 5, und Colin T. Dawson brachte seine Arrangements in die Tracks 3 und 10 ein. Diese Kombination führt zu einer erlesenen Klangvielfalt, die sowohl anspruchsvolle Eigenkompositionen als auch Bearbeitungen alter Klassiker einbezieht.
Die subtile Ironie und der leichte Humor, der sich durch Travelin’ zieht, zeigt sich nicht nur in der Musik, sondern auch in den Titeln. Ein Stück wie „On A Slow Goat Through China“, eine Anspielung von Hopkins auf Frank Loessers Klassiker „On A Slow Boat To China“, verweist auf die feinsinnige Herangehensweise, die für das Quartett so typisch ist. Das Album ist ein Spiel mit Referenzen, Zitaten und ironischen Zwischentönen, die besonders in den gesanglichen Parts von Colin T. Dawson zur Geltung kommen.
Dieses Album, geprägt von jahrzehntelanger Zusammenarbeit und tiefem Verständnis der Musiker füreinander, erfüllt genau das, was das renommierte Jazz-Piano-Idol Dick Hyman einst als Qualität von Echos of Swing beschrieb: „Jedes ihrer Stücke ist ein kleines Juwel.“ Das Ensemble vereint Improvisationskunst und Stilgefühl, wobei jeder Musiker als eigenständiger Meister glänzt. Doch obwohl all dies anerkennenswert ist, bleibt das Album für mich schwer zugänglich und verlangt nach einem Hörer, der sich auf die intellektuelle Raffinesse und die experimentelle Ausrichtung einlassen kann.
Mit Travelin’ zeigt Echos of Swing erneut, dass sie sich dem Jazz auf eine Weise nähern, die ebenso virtuos wie humorvoll ist – ein Album für Jazzliebhaber, die auf der Suche nach einer anspruchsvollen und stilistisch vielfältigen Reise durch die Welt des Swing sind.
Besetzung und Arrangements
Die Band Echos of Swing besteht aus hochkarätigen Musikern:
- Chris Hopkins spielt Altsaxophon und zeichnet sich für die Arrangements auf den Tracks 1, 4, 6 bis 8 sowie 11 verantwortlich.
- Bernd Lhotzky am Klavier und an der Celesta, der auch die Arrangements auf den Tracks 2, 5, 9, 12 und 15 übernommen hat, bringt eine weitere Klangfarbe ein, die dem Album zuweilen eine unerwartete, fast experimentelle Note verleiht.
- Colin T. Dawson spielt Trompete, Kornett und Flügelhorn und übernimmt bei den Tracks 3 und 13 den Gesang, der den typischen Swing-Klang durch eine zusätzliche vokale Note bereichern soll. Seine Arrangements finden sich auf den Tracks 3, 10, 13 und 14.
- Oliver Mewes an den Drums sorgt für rhythmische Präzision und verleiht der Musik eine klare Struktur, die jedoch durch die variierenden Arrangements der anderen Musiker teils gebrochen wird.
Die technische Seite des Albums, insbesondere das Mischen und Mastering, wurde von Klaus Scheuermann betreut. Die Aufnahmequalität selbst ist hoch, und die Instrumente wirken transparent und sauber voneinander getrennt, was die einzelnen Details in ihrer vollen Klangfülle hörbar macht.
Musikalische Struktur und Interpretation
Obwohl die Musiker jeweils ihr eigenes Instrument auf meisterhafte Weise beherrschen, bleibt die musikalische Gesamtstruktur für mich wenig greifbar. Die Songs wechseln oft zwischen komplexen Rhythmen, plötzlichen harmonischen Wendungen und unerwarteten Tonarten. Dies führt dazu, dass sich die Stücke in meinem Kopf nicht zu einem stimmigen Ganzen fügen. Während die Band offensichtlich versucht, Jazztraditionen zu reflektieren und gleichzeitig eine moderne Interpretation einzubringen, wirkt die Musik auf mich fragmentiert und wenig zugänglich.
Die Arrangements wechseln von klassischeren Swing-Elementen zu nahezu impressionistischen Klängen, die den Hörer überraschen sollen, jedoch an manchen Stellen verwirrend wirken können. Trotz der hochwertigen Anlage und der audiophilen Mischung bleibt die Musik schwer zu folgen und die Intention der einzelnen Stücke unklar. Dies könnte daran liegen, dass die harmonischen und rhythmischen Übergänge oft abrupt und ohne klare Linie erscheinen, was es schwer macht, den roten Faden durch das Album zu erkennen. Aber natürlich ist das rein meine und vor allen subjektive Wahrnehmung und soll in kleinster weise die Qualitäten der Interpreten absprechen. Alles durch die Bank unfassbar kreative Musiker und deren andere Alben meine unbedeutende Meinung ins äußerst positive lenken.
Fazit
Für Hörer, die ein Faible für komplexe, anspruchsvolle Arrangements und eine originelle Herangehensweise an den Swing haben, könnte Travelin’ von Echos of Swing durchaus faszinierend sein. Die hervorragende Qualität der Aufnahme und die soliden musikalischen Fähigkeiten der Bandmitglieder sind unbestritten. Persönlich jedoch kann ich mich der Musik nicht recht nähern. Sie erzeugt für mich keine klare Struktur und lässt eine gewisse klangliche Wärme vermissen, die ich von dieser Art von Musik erwarte.
Tracklist:
- Orient Express
(Written-By: Chris Hopkins) – 4:31
Ein energetischer Auftakt, inspiriert von der berühmten Zugreise, die exotische Einflüsse mit klassischem Swing vereint. - Volare
(Lyrics By: Franco Migliacci, Mitchell Parish / Music By: Domenico Modugno) – 3:24
Eine jazzige Interpretation des italienischen Klassikers, die mit ihrer Leichtigkeit und schwungvollen Melodie sofort ins Ohr geht. - The Old Country
(Lyrics By: Curtis R. Lewis / Music By: Nat Adderley) – 4:39
Dieser Titel bringt melancholische Noten in das Album und erinnert an die Wurzeln des Blues, kombiniert mit einem jazzigen Touch. - On A Slow Goat To China
(Written-By: Chris Hopkins) – 3:03
Eine humorvolle und leichtfüßige Anspielung auf einen Jazz-Standard, die das Reisethema kreativ aufgreift. - Das Wrack Der Guten Hoffnung
(Written-By: Bernd Lhotzky) – 3:17
Ein dramatisches und atmosphärisches Stück, das die Vorstellung eines gestrandeten Schiffs musikalisch einfängt. - The Fiji Hula Bula
(Written-By: Chris Hopkins) – 3:58
Eine tropisch angehauchte Komposition, die den Hörer auf eine rhythmische Reise in die Südsee entführt. - Where Or When
(Written-By: Rodgers & Hart) – 4:07
Ein Klassiker, der durch seine romantische Melodie besticht und nostalgische Stimmung verbreitet. - On A Turquoise Cloud
(Written-By: Duke Ellington, Lawrence Brown) – 3:48
Ein sanftes und elegantes Stück, das die schwebende, farbenfrohe Atmosphäre einer „türkisen Wolke“ vertont. - Cabin In The Sky
(Lyrics By: John Latouche / Music By: Vernon Duke) – 3:22
Ein Stück aus dem gleichnamigen Musical, das durch seine einladende Melodie eine himmlische Stimmung vermittelt. - Gan Hyem (Going Home)
(Written-By: Colin T. Dawson) – 2:48
Eine emotionale Komposition, die mit sanfter Melancholie das Thema „Heimkehr“ aufgreift. - Southern Sunset
(Lyrics By: Noble Sissle / Music By: Harry Brooks, Sidney Bechet) – 4:05
Diese Ballade vereint warme Klänge, die die Atmosphäre eines Sonnenuntergangs im Süden heraufbeschwören. - En Auto
(Written-By: Bernd Lhotzky) – 2:37
Ein rhythmisches Stück, das die Erfahrung einer rasanten Autofahrt musikalisch in Szene setzt. - Trav’lin‘ Light
(Lyrics By: Johnny Mercer / Music By: Jimmy Mundy, James ‚Trummy‘ Young) – 3:06
Eine gefühlvolle Ballade, die die Reise eines Herzens beschreibt und durch Dawsons Gesang an Ausdruck gewinnt. - Disorder At The Border
(Written-By: Coleman Hawkins) – 3:06
Ein energiegeladenes Stück mit rasanten Passagen, das musikalisches Chaos und Spannung verkörpert. - Wohin?
(Adapted By: Bernd Lhotzky / Composed By: Franz Schubert) – 4:20
Ein jazzig angehauchtes Arrangement eines Schubert-Lieds, das das Thema der inneren und äußeren Reise poetisch reflektiert.