
Cosmic Disco Geschichte
Cosmic Disco Geschichte kurze Einführung:
Cosmic Disco, oft auch „Afro Cosmic“ genannt, ist ein faszinierendes, genreübergreifendes Subgenre der Disco, das in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren in Italien entstand. Der Stil ist geprägt von experimentellen Rhythmen, langsamen Tempi, psychedelischen Elementen und einer Mischung aus Einflüssen aus der Weltmusik, Funk, Disco, Synthesizer-Sounds und sogar Krautrock. Mit einer speziellen Auswahl und Bearbeitung der Musik schufen die DJs eine besondere Atmosphäre, die den Zuhörer auf eine akustische Reise mit „kosmischem“ Flair entführen sollte. Diese neue Musikrichtung entwickelte sich vor allem in den Clubs des Nordens Italiens, wo Cosmic Disco bald zur prägenden Soundlandschaft wurde.
Ursprung und Entwicklung
Cosmic Disco entwickelte sich vor allem im Club Cosmic in Lazise am Gardasee. Hier experimentierte der legendäre italienische DJ Daniele Baldelli, der oft als einer der Pioniere des Cosmic Disco gilt. In den späten 1970er-Jahren spielte Baldelli dort Sets, in denen er unterschiedliche musikalische Genres und Einflüsse auf innovative Weise mischte. Sein Ansatz war, die Stücke langsamer abzuspielen, oft mit einer Geschwindigkeit von etwa 90 BPM (Beats per Minute) oder sogar noch weniger. Durch diese Verlangsamung verlieh er den Songs eine tiefere, hypnotische Qualität, die beim Publikum besonders gut ankam. Er schuf damit eine entspannte, träumerische Atmosphäre, die das Tanzen zu einem meditativen Erlebnis machte.
Ein weiterer prägender DJ dieser Bewegung war Beppe Loda, der in den Clubs Typhoon und Les Cigales tätig war. Loda entwickelte einen ähnlichen, eklektischen Stil wie Baldelli und legte viel Wert darauf, Klänge und Rhythmen aus verschiedenen Kulturen zu mischen. Beide DJs ließen sich auch von Fela Kuti, Kraftwerk, Pink Floyd und Krautrock-Bands wie Can und Neu! inspirieren. Dabei integrierten sie Musik aus dem afrikanischen und asiatischen Raum sowie Einflüsse aus Funk, elektronischen Klängen und Synth-Pop.
Daniele Baldelli und Beppe Loda verwendeten eine Vielzahl an Musikstücken, von denen viele eher experimentell und weniger mainstreamorientiert waren. Diese reichten von afrikanischen Trommelklängen über indische Sitar-Klänge bis hin zu brasilianischen Rhythmen und europäischen Synthesizer-Klängen. So entstanden hypnotische Sets, die den Hörern ein ungewöhnliches Hörerlebnis boten und sich von der gewöhnlichen Disco-Musik abhoben. Cosmic Disco stand also nicht nur für ein neues Tempo und eine originelle Musikmischung, sondern auch für ein völlig anderes Konzept von Clubkultur.
Die Soundästhetik und technische Innovationen
Der Sound von Cosmic Disco zeichnet sich durch die gezielte Nutzung von Drum Machines und Synthesizern aus, die in dieser Zeit gerade populär wurden und den Sound durch ihre modernen elektronischen Klangfarben prägten. Häufig kamen dabei Synthesizer wie der Roland TR-808 und der Korg MS-20 zum Einsatz. DJs wie Baldelli und Loda waren dafür bekannt, sich nicht nur auf die Musik selbst zu verlassen, sondern ihre Sets durch den Einsatz von Effektgeräten und Equalizern auf faszinierende Weise zu verfremden. So entstanden spacige Soundscapes, die das Gefühl vermittelten, in eine andere Klangwelt einzutauchen.
Die Sets von Cosmic-DJs waren oft eine Herausforderung für das Publikum und vermieden bewusst typische Dancefloor-Hits. Vielmehr kombinierten die DJs alles, was ihrer Meinung nach eine interessante Klangatmosphäre erzeugte, von afrikanischen Percussions über orientalische Melodien bis hin zu elektronischen Sequenzen und rockigen Gitarren. Die Musik war damit weniger eine Tanzaufforderung als ein Angebot, sich von den unkonventionellen Klängen treiben zu lassen und eine Reise in eine „kosmische“ Welt zu unternehmen.
Künstler und Bands als Vorreiter
Obwohl Cosmic Disco größtenteils durch die Arbeit von DJs wie Baldelli und Loda geprägt wurde, gab es auch eine Reihe von Musikern und Bands, deren Musik die Bewegung beeinflusste. Einige der wichtigsten Musiker und Bands für Cosmic Disco sind:
- Kraftwerk: Die deutsche Band spielte eine wesentliche Rolle für die Ästhetik des Cosmic Disco. Ihre minimalistische, elektronisch geprägte Musik und ihre monotone Rhythmik passten gut zu den langsamen, psychedelischen Sets der DJs.
- Fela Kuti: Der nigerianische Afrobeat-Pionier beeinflusste das Genre stark durch seine rhythmisch komplexen und hypnotischen Stücke, die oft in Cosmic-Sets eingeflochten wurden.
- Pink Floyd: Die psychedelischen Elemente und das spacige Sounddesign von Pink Floyd machten ihre Musik zu einer perfekten Ergänzung für Cosmic Disco. Tracks wie „Shine On You Crazy Diamond“ und „Echoes“ wurden häufig von Cosmic-DJs gespielt.
- Goblin: Diese italienische Prog-Rock-Band, die vor allem für ihre Soundtracks zu Horrorfilmen wie Suspiriabekannt ist, brachte durch ihre düstere, atmosphärische Musik einen besonderen „Cosmic“-Aspekt in die Szene.
- Neu! und Can: Diese Krautrock-Bands aus Deutschland waren für ihre experimentellen Klanglandschaften bekannt und lieferten ebenfalls wichtige Inspirationen für die Cosmic-DJs.
Darüber hinaus spielten auch Synth-Pop-Bands wie Depeche Mode, Human League und Yello eine Rolle, deren elektronische Beats und Melodien gut zu der spacigen, oft futuristischen Ästhetik passten.
Verbindung zu Italo Disco
Cosmic Disco und Italo Disco haben gemeinsame Wurzeln und entwickelten sich zeitgleich in Italien, unterscheiden sich aber deutlich in Stil und Ausrichtung. Während Cosmic Disco sich stark auf eine entspannte, experimentelle Klangreise konzentrierte, war Italo Disco wesentlich pop-orientierter und tanzbarer. Italo Disco hatte einen klaren, eingängigen Beat, fröhliche Melodien und einfache Synthesizer-Riffs. Der Sound war eher kommerziell und erfreute sich großer Beliebtheit auf den Tanzflächen, während Cosmic Disco eine Nische für jene war, die an experimentelleren und grenzüberschreitenden Sounds interessiert waren.
Dennoch gibt es Überschneidungen. Beide Genres setzten Synthesizer und Drum Machines ein, und einige Künstler bewegten sich zwischen beiden Welten. Einige Italo-Disco-Produzenten ließen sich vom Cosmic Sound inspirieren und brachten spacige oder psychedelische Elemente in ihre Musik ein. Ebenso spielten Cosmic-DJs gelegentlich langsamere Italo-Disco-Tracks in ihren Sets, wenn diese zur Atmosphäre passten.
Erbe und Revival
Obwohl Cosmic Disco in den 1980er-Jahren seinen Höhepunkt erreichte, bleibt sein Einfluss bis heute spürbar. In den 2000er-Jahren erlebte das Genre ein Revival, als DJs und Produzenten wie Harvey und Todd Terje begannen, sich auf Cosmic Disco zu beziehen. Heute wird der Stil in der elektronischen Musik und bei Open-Air-Festivals wiederentdeckt. Label wie Music From Memory und Running Back veröffentlichen zudem Neuauflagen und Zusammenstellungen von Cosmic-Disco-Klassikern.
Cosmic Disco steht somit als ein faszinierendes Kapitel der Musikgeschichte da – eine Musikrichtung, die durch Innovation, Unabhängigkeit und den Einfluss der Weltmusik die Grenzen des Disco-Genres sprengte und einen einzigartigen Sound kreierte, der zeitlos und universell wirkt.