Baldych Herman ACT CD Cover The New Tradition

Adam Bałdych & Yaron Herman The New Tradition

Bałdych & Herman – The New Tradition Hörbericht:

Overall Rating: ★★★★★ (5/5)

  • Label: ACT 9626-2
  • Serie: Duo Art
  • Format: CD, Album
  • Land: Germany
  • Veröffentlicht: 2014
  • Genre: Jazz
  • Stil: Contemporary Jazz
  • Werbung Amazon Link: Adam Baldych 

Bałdych & HermanThe New Tradition ist ein Album, das 2014 unter dem renommierten Label ACT Music erschien. Es vereint den polnischen Geigenvirtuosen Adam Bałdych mit dem französisch-israelischen Pianisten Yaron Herman. Das Album zeichnet sich durch eine außergewöhnliche Verbindung von technischer Brillanz, emotionaler Tiefe und einer kreativen Neuinterpretation musikalischer Traditionen aus.

Die Interpreten

Adam Bałdych – Der Meister der Violine

Adam Bałdych, geboren 1986 in Gorzów Wielkopolski, Polen, hat sich als einer der führenden Violinisten der zeitgenössischen Jazzszene etabliert. Schon früh zeigte er eine außergewöhnliche musikalische Begabung und begann seine internationale Karriere im Teenageralter. Bałdych wird oft als Grenzgänger beschrieben, der die Möglichkeiten der Geige im Jazz auf ein neues Level hebt.

Sein Spielstil ist eine faszinierende Mischung aus technischer Perfektion und intensiver Emotionalität. Bałdych beherrscht sowohl klassische als auch moderne Techniken, die es ihm ermöglichen, die Geige über ihre traditionellen Rollen hinaus einzusetzen. Seine Improvisationen sind mutig und innovativ, häufig geprägt von schnellen Läufen, komplexen Phrasierungen und einer reichen Klangpalette, die von zarten Pianissimo-Passagen bis hin zu kraftvollen Crescendi reicht. Bałdych versteht es meisterhaft, klassische und folkloristische Einflüsse in seine Jazzkompositionen einzubinden, was ihn zu einem einzigartigen Künstler macht.

Yaron Herman – Der Pianist als Geschichtenerzähler

Yaron Herman, geboren 1981 in Tel Aviv, Israel, zählt zu den außergewöhnlichsten Pianisten seiner Generation. Seine musikalische Reise begann relativ spät, nachdem er ursprünglich eine Karriere als Basketballspieler angestrebt hatte. Erst mit 16 Jahren begann er Klavier zu spielen, entwickelte jedoch rasch eine bemerkenswerte Virtuosität und musikalische Reife. Herman ist bekannt für seinen unkonventionellen Ansatz, der Elemente aus Jazz, klassischer Musik und Pop vereint.

Herman zeichnet sich durch ein ebenso technisch brillantes wie zutiefst emotionales Klavierspiel aus. Seine Improvisationen sind wie erzählerische Reisen, die den Hörer in unterschiedliche Stimmungen und Klanglandschaften entführen. Sein Stil ist geprägt von lyrischer Intimität, harmonischer Raffinesse und einer oft überraschenden Dynamik. In The New Tradition agiert Herman nicht nur als Begleiter, sondern als gleichberechtigter musikalischer Partner, dessen Klavierlinien Bałdychs Geigenspiel ergänzen und erweitern.

Die musikalische Zusammenarbeit

Die Chemie zwischen Adam Bałdych und Yaron Herman ist das Herzstück von The New Tradition. Beide Musiker teilen die Fähigkeit, musikalische Traditionen zu respektieren und gleichzeitig mit ihnen zu experimentieren. Ihre Zusammenarbeit basiert auf einem intensiven musikalischen Dialog, bei dem beide Instrumente auf Augenhöhe agieren.

Bałdychs Geige übernimmt oft eine führende Rolle, erzählt Geschichten, stellt Fragen und eröffnet Räume, die Herman am Klavier feinfühlig ausfüllt. Hermans harmonische Finesse und rhythmische Vielseitigkeit bieten eine stabile, aber flexible Grundlage, auf der Bałdychs Improvisationen gedeihen können. Gleichzeitig bringt Herman eigene melodische und harmonische Ideen ein, die den musikalischen Austausch beleben und bereichern.

Die Interaktion zwischen Geige und Klavier ist geprägt von einer bemerkenswerten Balance: Während Bałdych mit seiner intensiven, oft dramatischen Spielweise emotionale Höhepunkte setzt, wirkt Hermans Klavierspiel wie ein Spiegel, der diese Emotionen reflektiert und nuanciert. Ihr Zusammenspiel ist nicht nur technisch brillant, sondern auch von einer tiefen künstlerischen Sensibilität geprägt, die jedem Stück Tiefe und Authentizität verleiht.

Handwerk und konzeptionelle Vision

The New Tradition steht für die Idee, musikalische Traditionen nicht als statisch zu begreifen, sondern als lebendige Inspirationsquelle. Bałdych und Herman greifen auf klassische und folkloristische Themen zurück, die sie mit modernen Jazztechniken, freien Improvisationen und innovativen Arrangements neu interpretieren. Diese Herangehensweise spiegelt sich sowohl in den Kompositionen als auch in der klanglichen Gestaltung wider.

Bałdychs virtuoses Geigenspiel zeigt eine außergewöhnliche Bandbreite: von lyrischer Zartheit bis zu expressiver Dramatik. Dabei nutzt er Techniken wie Pizzicato, Arpeggien und Doppelgriffe, um eine breite Palette von Klangfarben zu erzeugen. Hermans Klavierspiel ergänzt diese Vielseitigkeit mit einem dynamischen Spektrum, das von sanften, introspektiven Passagen bis zu kraftvollen, rhythmischen Akzenten reicht.

Ein zentraler Aspekt des Albums ist die intime Atmosphäre, die durch das präzise Zusammenspiel der beiden Musiker entsteht. Die Stücke wirken oft wie improvisierte Konversationen, in denen die Geige und das Klavier sich gegenseitig inspirieren, hinterfragen und unterstützen.

Bedeutung und Einfluss

The New Tradition hat sowohl bei Kritikern als auch beim Publikum große Anerkennung gefunden. Es wird als Beispiel dafür angesehen, wie Jazz und klassische Musik auf eine Weise verschmelzen können, die gleichermaßen respektvoll gegenüber der Vergangenheit und innovativ in ihrer Ausführung ist. Bałdych und Herman haben mit diesem Album gezeigt, dass Traditionen nicht bewahrt werden müssen, indem man sie konserviert, sondern indem man sie in einen lebendigen kreativen Prozess integriert.

Die Verbindung von Adam Bałdychs meisterhafter Geige und Yaron Hermans einfühlsamem Klavierspiel macht dieses Album zu einem Meilenstein für moderne Jazzliebhaber und für all jene, die Musik als eine Brücke zwischen Kulturen und Zeiten erleben möchten.

Fazit: Ein musikalisches Meisterwerk der Innovation und Intimität

The New Tradition ist ein außergewöhnliches Werk, das in der modernen Jazzlandschaft herausragt und die Essenz dessen einfängt, was musikalische Zusammenarbeit auf höchstem Niveau bedeutet. Es ist mehr als nur eine Sammlung von Kompositionen – es ist eine Reise durch Klanglandschaften, Emotionen und kulturelle Ausdrucksformen. Das Album gelingt in seiner Mission, die Verbindung zwischen Tradition und Moderne nicht nur zu behaupten, sondern hörbar und fühlbar zu machen.

Die Interaktion zwischen Adam Bałdych und Yaron Herman bildet das Herzstück dieses Projekts. Sie zeigen auf eindrucksvolle Weise, wie zwei Instrumente, die aus unterschiedlichen musikalischen Welten stammen, auf Augenhöhe miteinander kommunizieren können. Während Bałdychs Geige die Rolle des Geschichtenerzählers übernimmt, der die Zuhörer mit dramatischen und lyrischen Bögen in seinen Bann zieht, dient Hermans Klavier als tiefgründiger Dialogpartner. Dieses Zusammenspiel verleiht dem Album eine besondere Intensität und eine emotionale Tiefe, die selten in solch perfekter Harmonie zwischen zwei Künstlern erreicht wird.

Das Konzept des Albums – Traditionen zu bewahren und gleichzeitig neu zu gestalten – ist nicht nur intellektuell überzeugend, sondern auch musikalisch greifbar. Durch die meisterhafte Integration von folkloristischen und klassischen Einflüssen in den modernen Jazz wird ein breites Spektrum an Stilen und Emotionen abgedeckt. Diese Verschmelzung zeigt, dass musikalische Traditionen lebendig bleiben, indem sie sich verändern und erneuern. Bałdych und Herman demonstrieren eindrucksvoll, dass Innovation nicht den Bruch mit der Vergangenheit bedeutet, sondern eine kreative Fortführung dessen, was vorher war.

Auch die klangliche Gestaltung des Albums trägt wesentlich zu seiner Wirkung bei. Die intime, fast kammermusikalische Atmosphäre wird durch die exzellente Produktion unterstrichen, die die subtilen Nuancen von Geige und Klavier hervorhebt. Jeder Ton wirkt durchdacht, jeder musikalische Dialog präzise und doch voller Spontaneität. Dies vermittelt den Eindruck, Zeuge eines einzigartigen, unwiederholbaren Moments zu sein – eine Qualität, die nur die besten Alben besitzen.

The New Tradition ist ein Album, das Grenzen überschreitet – nicht nur zwischen Genres, sondern auch zwischen Emotionen und Intellekt. Es spricht Hörer an, die nach technischer Brillanz suchen, ebenso wie solche, die von emotionalem Ausdruck bewegt werden wollen. Es ist ein Werk, das man immer wieder anhören kann und dabei jedes Mal neue Facetten entdeckt.

Für Fans des modernen Jazz, für Liebhaber virtuoser Geigenkunst und für alle, die in Musik eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft sehen, ist The New Tradition ein unverzichtbares Erlebnis. Es setzt Maßstäbe dafür, wie Musik die Tradition ehren und gleichzeitig mutig in neue Richtungen führen kann – ein wahrhaft zeitloses Meisterwerk.

Tracklist von Bałdych & Herman – The New Tradition

  1. Riverendings (5:21)
    Ein atmosphärisches Stück, das Bałdychs melodisches Feingefühl mit Hermans harmonischer Tiefe verbindet. Die fließenden Geigenpassagen erinnern an einen Flusslauf und erzeugen eine ruhige, meditative Stimmung.
  2. Legenda (7:50)
    Ein episches Werk, das folkloristische Einflüsse und moderne Jazz-Elemente kombiniert. Die Geige erzählt hier eine Geschichte, die von Hermans Klavier einfühlsam begleitet wird.
  3. Sleep Safe And Warm (4:10)
    Eine Interpretation von Krzysztof Komedas Klassiker, bekannt aus dem Film Rosemary’s Baby. Bałdych und Herman verleihen diesem Wiegenlied eine melancholische Tiefe und eine intime Atmosphäre.
  4. Letter For E (6:01)
    Ein emotionaler Brief in musikalischer Form, geprägt von lyrischen Geigenlinien und sanften Klavierharmonien. Das Stück strahlt eine nachdenkliche und zugleich hoffnungsvolle Stimmung aus.
  5. June (4:39)
    Eine Hommage an die Sommermonate, die Wärme und Licht in den Klang bringt. Das Stück besticht durch seine Leichtigkeit und spielerische Eleganz.
  6. Quo Vadis (5:29)
    Eine kraftvolle Neuinterpretation von Zbigniew Seiferts Werk. Die Geige führt mit expressiven Linien, während das Klavier ein intensives Fundament schafft.
  7. Lamentation Of Jeremiah (5:13)
    Basierend auf der Komposition von Thomas Tallis entfaltet sich hier ein geistliches und erhabenes Stück. Bałdych und Herman interpretieren die sakrale Vorlage mit modernem Ausdruck.
  8. Relativities (2:10)
    Ein kurzes, aber intensives Stück, das mit kontrastreichen Dynamiken spielt. Die musikalische Kürze betont die Klarheit der Emotionen und die Interaktion der Instrumente.
  9. Canticles Of Ecstasy (5:08)
    Inspiriert von Hildegard von Bingen, verbindet dieses Stück mittelalterliche Spiritualität mit zeitgenössischem Jazz. Die Geige und das Klavier verschmelzen zu einem klanglichen Gebet voller Schönheit und Transzendenz.