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Intermodulationsverzerrung (IMD) – Der unterschätzte Klangfaktor bei Verstärkern

Intermodulationsverzerrung (IMD) – Warum sie wichtiger ist, als viele glauben

Was sagt uns der IMD-Wert wirklich?

Eine Kritik am Mess- und Klangverständnis

Wer sich ernsthaft mit Verstärkern beschäftigt, stolpert früher oder später über das Kürzel IMD – Intermodulationsverzerrung. Klingt technisch – ist es auch. Doch dieser Wert hat es in sich. Denn während viele Verstärker auf dem Papier mit sensationell niedrigen THD-Werten (Total Harmonic Distortion) glänzen, verbirgt sich der eigentliche Klangkiller oft im Schatten: die Intermodulation.

Man kennt das Spiel: Hersteller werben mit Klirrfaktoren von 0,000X Prozent, als sei damit automatisch ein Höchstmaß an Natürlichkeit, Auflösung oder Dynamik garantiert. Nur sagt das kaum etwas darüber aus, wie ein Verstärker unter realen Bedingungen klingt. Denn wer hört zu Hause einen 1 kHz-Sinus? Musik ist ein Gemisch aus gleichzeitig auftretenden Frequenzen, impulsiven Transienten, leisen Zwischentönen und massiven Impulsen. Genau dort spielt der IMD-Wert seine eigentliche Rolle – oder besser: Er zeigt, wie ehrlich ein Verstärker mit komplexem Musiksignal umgeht.

Was ist Intermodulation überhaupt?

Intermodulation tritt dann auf, wenn ein Verstärker mehrere Frequenzen gleichzeitig verarbeitet – was bei Musik praktisch immer der Fall ist. Dabei entstehen nicht nur Summen- und Differenztöne der eingespeisten Frequenzen, sondern auch neue, ungewollte Klanganteile, die nicht harmonisch zum Ursprungssignal passen. Diese können sich im Hochtonbereich als rau, glasig oder unangenehm „dicht“ bemerkbar machen, im Mittelton als diffuse Sprachabbildung oder im Bass als undifferenzierter Brei.

Die Musik verliert dabei oft an Räumlichkeit, Transparenz und Tiefe – selbst wenn der technische THD-Wert vorbildlich niedrig ist. Viele dieser Verzerrungen sind unharmonisch, weshalb sie das Gehör stärker irritieren als harmonische Klirrprodukte.

Wie macht sich IMD im Klang bemerkbar?

Gerade bei komplexem musikalischem Material – etwa wenn eine Gesangsstimme von einem Orchester begleitet wird, ein Vibraphon über einem Kontrabass schwebt oder das Schlagzeug filigrane Details liefert – kann ein Verstärker mit hohem IMD-Wert nicht mehr sauber auflösen. Das Klangbild wirkt flach, unklar, die Bühne bricht ein. Selbst fein aufgenommene Becken verlieren ihre metallische Natürlichkeit und klingen stattdessen wie „Kunststoff“.

Was man dabei hört, ist keine offensichtliche Verzerrung – sondern eine subtile, aber deutlich spürbare Verfärbung. Man hört kürzer, ermüdet schneller, verliert das emotionale Interesse am Stück. Selbst High-End-Anlagen können unter IMD leiden – insbesondere dann, wenn sie technisch überzüchtet oder zu stark gegengekoppelt sind.

Wie wird IMD gemessen?

Für die IMD-Messung gibt es verschiedene Methoden – die wichtigsten sind SMPTE, CCIF und DIN.

SMPTE verwendet zwei Sinustöne: einen tiefen bei 60 Hz und einen hohen bei 7 kHz. Die Aufgabe des Verstärkers ist es, beide Signale linear wiederzugeben – ohne neue Töne zu erzeugen. Jede zusätzliche Frequenz im Ausgangssignal ist ein Hinweis auf Intermodulation.

CCIF oder DIN verwendet zwei nahe beieinanderliegende hohe Töne – meist 19 kHz und 20 kHz. Aus deren Differenz entsteht ein Produkt bei 1 kHz, das nicht im Originalsignal enthalten war. Ist dieses im Spektrum messbar, liegt Intermodulation vor.

Diese Messverfahren simulieren typische Musiksignale wesentlich realistischer als ein reiner 1 kHz-Klirrfaktor. Sie zeigen, wie der Verstärker mit echten, komplexen Signalen umgeht – und ob er dabei ungewollt eigene Töne produziert.

Was ist ein guter IMD-Wert?

Ein IMD-Wert unter 0,01 % gilt als ausgezeichnet. Werte bis 0,05 % sind meist unauffällig hörbar. Alles darüber kann – abhängig vom Verstärkertyp – zu merklichen Klangverfärbungen führen. Doch solche Werte werden selten veröffentlicht. Während THD-Werte in jedem Prospekt stehen, sucht man den IMD-Wert oft vergeblich. Der Grund: Er lässt sich deutlich schwerer kontrollieren und manipulieren.

Gerade Class-D-Verstärker, übermäßig gegengekoppelte Transistordesigns oder rein digitale Verstärker neigen trotz niedriger THD-Werte oft zu höherer IMD. Auch günstige Bauteile, schmale Bandbreite, schlechte Stromversorgung oder Layoutfehler können IMD verursachen.

Andererseits gibt es Klassiker aus den 70er- und 80er-Jahren, die auf dem Papier mit höheren THD-Werten daherkommen – aber dennoch musikalischer und natürlicher klingen. Warum? Weil sie bei Intermodulation sauber bleiben.

Was sagt IMD über den realen Klang aus?

IMD-Werte geben einen deutlich besseren Hinweis auf den Klangcharakter als der harmonische Klirrfaktor. Ein Verstärker mit niedrigem THD, aber hoher IMD, mag auf dem Messpapier glänzen – im Hörtest aber enttäuschen. Die Bühne wirkt beengt, die Musik verliert an Leben, Details gehen unter. Ein Verstärker mit gutem IMD-Verhalten hingegen öffnet das Klangbild, lässt Stimmen atmen, zeigt feinste Nuancen im Hochton und trennt Instrumente besser voneinander.

Kurz gesagt: Man hört entspannter, länger, bewusster – und das unabhängig vom Musikstil.

Warum wird IMD kaum kommuniziert?

Die einfache Antwort: Weil er oft nicht gut aussieht. Der IMD-Wert deckt Schwächen auf, die andere Messwerte kaschieren. Ein Verstärker mit minimalem THD kann unter realer Belastung plötzlich zu unerwünschten Intermodulationsartefakten neigen – und das lässt sich nicht mehr schönrechnen. Auch aufwendige Gegenkopplung oder digitale Filter helfen hier nur bedingt.

Deshalb veröffentlichen viele Hersteller lieber den schönen THD-Wert – und verschweigen die IMD.

Kategorie Ursache / Maßnahme Beschreibung
Ursachen von IMD Nichtlineare Bauteile Transistoren, Röhren oder andere elektronische Bauteile arbeiten bei hohen Pegeln oder außerhalb ihres linearen Bereichs, was Intermodulationsverzerrungen verursacht.
Gegenkopplung Eine unzureichend oder schlecht ausgelegte Gegenkopplung kann IMD verstärken, insbesondere bei schnellen Signaländerungen (Transient Intermodulation, TIM).
Lautsprecher-Interaktion Unstimmigkeiten zwischen Lautsprecher-Impedanz und Ausgangsimpedanz des Verstärkers führen zu Verzerrungen, darunter auch IMD.
Hohe Basspegel Hohe Basspegel bei Lautsprechern, besonders Breitbändern, drängen die Schwingspule aus dem linearen Bereich und erzeugen IMD bei höheren Frequenzen.
Maßnahmen gegen IMD Gegenkopplung Eine sorgfältig ausgelegte Gegenkopplung korrigiert Nichtlinearitäten und reduziert IMD. Zu starke Gegenkopplung kann jedoch Transientenverzerrungen bei schnellen Signalen verursachen.
Mehrwege-Lautsprecher Verteilung der Frequenzbereiche (Bass, Mitten) auf separate Chassis in 3-Wege-Systemen minimiert IMD, da tiefe Frequenzen oft stärkere Verzerrungen verursachen.
Hochwertige Bauteile Verwendung von Class-A-Schaltungen oder speziellen Transistoren (z. B. GaN-FETs bei modernen Class-D-Verstärkern) verbessert die Linearität und reduziert IMD.
Leistungsreserven Verstärker mit hoher Leistung und guter Stromlieferfähigkeit vermeiden Clipping und arbeiten linear bei hohen Pegeln, was IMD reduziert.

Fazit: IMD ist Pflicht, nicht Kür

Wer Musik nicht nur hören, sondern wirklich erleben will, sollte beim Verstärkerkauf weit über den klassischen Klirrfaktor hinausblicken. Der Intermodulationsverzerrungswert (IMD) ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal, das viel über die Fähigkeit eines Verstärkers aussagt, komplexe, vielschichtige Musiksignale originalgetreu wiederzugeben.

Während der harmonische Klirrfaktor oft als Maßstab für Verzerrungen gilt, offenbart erst der IMD, wie gut ein Verstärker mit der Überlagerung verschiedener Frequenzen klarkommt – also mit dem, was im Alltag an Musik tatsächlich anliegt. Ein hoher IMD bedeutet, dass beim Zusammenspiel mehrerer Töne unerwünschte Verzerrungen entstehen, die den Klang verfälschen und ermüden können.

Für Klangpuristen, erfahrene Musikliebhaber und alle, die audiophilen Genuss ernst nehmen, ist ein niedriger IMD-Wert daher keine bloße Komfortfunktion, sondern die Grundvoraussetzung für ein authentisches Hörerlebnis. Gerade in Zeiten moderner Verstärkertechnologien – wie den hervorragend entwickelten Class-D-Modellen von Jeff Rowland – wird klar, wie nahe High-End-Technik der klanglichen Perfektion heute schon kommen kann.

Röhrenverstärker bieten ihren ganz eigenen, warmen Klangcharakter, der zwar etwas höhere IMD-Werte mit sich bringt, jedoch von vielen Hörern als musikalisch und lebendig geschätzt wird. Dennoch gilt: Wer maximale Klarheit und Transparenz will, sollte IMD-Werte genau im Blick behalten.

Kurz gesagt: IMD ist kein „Nice-to-have“, sondern Pflicht. Nur wer diesen Parameter ernst nimmt, entscheidet sich für einen Verstärker, der Musik nicht verfälscht, sondern ehrlich und mit Respekt vor dem Original überträgt.

Intermodulationsverzerrung (IMD) – Bewertung und Bedeutung

IMD-Wert Bewertung Hörbarkeit Typische Ursachen Gerätebeispiele Audiophile Empfehlung
< 0,005 % Exzellent Praktisch nicht hörbar Sehr gutes Design, breitbandig, geringe Gegenkopplung High-End Class-A, Studio-Endstufen, moderne Class-D von Jeff Rowland Uneingeschränkt empfohlen
0,005 % – 0,01 % Sehr gut Nur mit geschultem Gehör Gute Bauteile, ausgewogene Schaltung Hochwertige Class-AB-Verstärker Sehr gut geeignet
0,01 % – 0,03 % Gut In komplexen Passagen möglich Leichte Überforderung bei Transienten Günstigere Transistorverstärker Nur bedingt empfehlenswert
0,03 % – 0,1 % Mittelmäßig Vor allem bei Stimmen & Becken Zu starke Gegenkopplung, Class-D mit einfacher Filterung Budget-Class-D, Kompaktanlagen Kritisch prüfen vor dem Kauf
> 0,1 % Schwach Klar hörbare Verfärbung Digitale Verzerrungen, schlechte Netzteile, thermische Nichtlinearitäten Billig-Verstärker, Digitalamps ohne Linearisierung Nicht für hochwertiges Hören

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