
Nils Wogram Simon Nabatov Duo Starting a Story
Nils Wogram – Simon Nabatov Duo – Starting a Story Hörbericht:
Overall Rating: ★☆☆☆☆ (1/5)
- Label: ACT Music – ACT 9402-2
- Format: CD, Album, Stereo, Streaming,
- Country: Germany
- Released: 24. Juni 2002
- Genre: Jazz
- Style: Contemporary Jazz, Experimental
- (Werbung) Amazon Link: Nils Wogram
Starting a Story, ein Album des Duos aus Nils Wogram (Posaune) und Simon Nabatov (Klavier), wurde tatsächlich 2002 auf ACT Records veröffentlicht und gilt als experimentelles Werk in der Avantgarde- und Free-Jazz-Szene. Beide Musiker zählen zu den Virtuosen ihres Fachs: Nils Wogram, bekannt für seinen präzisen und ausdrucksstarken Posaunenton, und Simon Nabatov, dessen dynamisches, oft perkussives Pianospiel eine beeindruckende Technik und Experimentierfreude aufweist. Die beiden erschaffen in diesem Album ein hochkomplexes musikalisches Gewebe, das intensive Improvisation und avantgardistische Klangstrukturen miteinander vereint.
Musikalischer Kontext und Entstehungsgeschichte
Starting a Story entstand aus einer tiefgehenden Zusammenarbeit zweier Musiker, die sich der freien Improvisation verschrieben haben. Leo Records, ein Label, das sich auf experimentellen Jazz spezialisiert hat, bietet mit diesem Album eine Plattform für jene, die den Free Jazz und die Erkundung ungewöhnlicher Klangstrukturen schätzen. Starting a Storyist voller musikalischer Dialoge, die sich frei entfalten – es gibt keine festgelegten Strukturen oder Melodien, sondern die Musiker „erzählen Geschichten“ in einem spontanen Austausch. Dabei entstehen Klanglandschaften, die oft subtil und lyrisch beginnen, nur um dann in plötzliche Ausbrüche von Dynamik und Energie zu münden.
Starting a Story enthält eine sorgfältig zusammengestellte Produktion, die das Engagement und die technische Präzision aller beteiligten Mitwirkenden zeigt. Markus Heuger übernimmt die Rolle des Produzenten und sorgt für eine kohärente Umsetzung der kreativen Vision des Albums, die auf die freie Interaktion zwischen Klavier und Posaune fokussiert ist. Die Aufnahmen, die von Georg Niehusmann geleitet wurden, fangen die Feinheiten und Nuancen der improvisierten Musik mit großer Klarheit ein, sodass die klanglichen Details der Instrumente im Vordergrund stehen und der spontane Charakter des Albums gut zur Geltung kommt.
Christian Heck hat die finalen Aufnahmen gemastert und dabei auf eine Abmischung geachtet, die den intensiven musikalischen Austausch zwischen Simon Nabatov am Klavier und Nils Wogram an der Posaune lebendig und detailreich darstellt. Die künstlerische Gestaltung des Albums wurde von Peter Krüll übernommen, dessen Design die abstrakte und experimentelle Natur der Musik visuell unterstützt.
Die Liner Notes stammen von Mitchell Feldman, der in seinem Text die besondere Dynamik und den innovativen Ansatz des Duos beschreibt. Feldman hebt das Talent und die Risikobereitschaft beider Musiker hervor, die mit Starting a Story eine musikalische Reise unternehmen, die auf Intuition und Reaktionsvermögen basiert.
Experimentelle Klanglandschaften: eine Frage des Geschmacks
Für mich persönlich bleibt Starting a Story schwer zugänglich, und es fällt mir schwer, darin eine klare musikalische Richtung oder einen Sinn zu erkennen. Die experimentellen Klänge und freien Improvisationen lösen in mir eher Verwirrung als Genuss aus. Es ist, als würde man zwei Musiker hören, die die Instrumente erforschen, aber nicht in einem vertrauten Rahmen oder mit einem klaren Ziel. Die Musik erinnert an das Chaos, das entsteht, wenn Kinder gerade erst ein Instrument lernen: Die Tonfolgen wirken unstrukturiert und die Stimmungswechsel abrupt, ohne erkennbare Linien, an denen man sich festhalten könnte. Es ist keine Kritik an den Fähigkeiten der Musiker – ihre Virtuosität steht außer Frage. Doch das Ergebnis ihrer Zusammenarbeit klingt für mich wie ein Spiel ohne Richtung, das im Kopf schwer zu verarbeiten ist.
Rezeption und Bedeutung
In der Avantgarde- und Jazzszene hingegen hat Starting a Story durchaus seine Anhänger. Kritiker und Fans dieses Genres loben die Tiefe und Komplexität der musikalischen Kommunikation zwischen Wogram und Nabatov. Sie sehen die unkonventionellen Strukturen und den freien Fluss als Ausdruck eines ganz besonderen musikalischen Dialogs, der über herkömmliche Muster hinausgeht und Raum für individuelle Interpretationen bietet. Das Duo zeigt, wie Posaune und Klavier in einem offenen Rahmen auf faszinierende Weise zusammenwirken können und bietet dadurch ein Hörerlebnis, das von den typischen Hörgewohnheiten des Jazz abweicht.
Das Album bleibt also ein Werk, das einer speziellen Hörerschaft gefällt, die offen für radikale Klangexperimente und das Unerwartete in der Musik ist. Für mich bleibt Starting a Story jedoch ein Beispiel dafür, dass selbst technisch perfekte Musik nicht immer harmonisch oder strukturiert sein muss – und dass Experimentieren und Ausdruck nicht immer eine persönliche Resonanz erzeugen müssen.
Tracklist:
- Less Is Little – 7:02
Geschrieben von Nils Wogram, eröffnet dieses Stück das Album mit einer minimalistischen Annäherung, die die zarte Balance zwischen Posaune und Klavier in einer zurückhaltenden und doch komplexen Melodie erforscht. - The Mistake – 4:13
Auch von Wogram komponiert, nutzt dieses Stück interessante Wendungen und klangliche Experimente, die überraschende, „fehlerhafte“ Klangfolgen erzeugen und das Unvorhersehbare in den Vordergrund stellen. - The Wheel Of Misfortune – 10:37
Von Simon Nabatov geschrieben, führt dieses Stück den Hörer durch eine lange, dynamische Reise mit intensiven und düsteren Passagen, die das Gefühl des „Unglücks“ auf musikalische Weise verkörpern. - Groofta – 8:43
Dieses von Nabatov komponierte Stück wechselt zwischen lebhaften Rhythmen und sanften Passagen und spielt mit dem „Groove“ des Jazz, während es dennoch experimentell bleibt. - Integration – 3:50
Ein kurzes Stück von Wogram, das thematisch die Verschmelzung von Klangfarben und Rhythmen erforscht. Die Integration verschiedener Ideen verleiht diesem Track eine fast meditative Atmosphäre. - For Herbie – 5:45
Nabatovs Hommage an Herbie Hancock, die durch elegante, fließende Harmonien und melodische Anspielungen an den klassischen Jazz des Pianisten inspiriert ist. - Keep Going – 7:16
Nabatovs Komposition spiegelt eine stetige, zielgerichtete Bewegung wider und nutzt repetitive Muster, die nach vorne drängen und gleichzeitig Raum für improvisierte Variationen lassen. - Starting A Story – 8:26
Das Titelstück von Wogram. Hier erschafft er eine erzählerische Klanglandschaft, die den Hörer einlädt, sich in der Geschichte zu verlieren, die das Duo durch spontane Wechsel und expressive Klänge formt. - Practise Makes Poifect – 9:51
In diesem humorvoll betitelten Stück entfaltet Nabatov durch seine Komposition eine eher rhythmisch-perkussive Struktur, die das Erlernen und Perfektionieren eines Instruments musikalisch widerspiegelt. - It It – 5:47
Wograms Stück, das durch energetische, dichte Phrasen und präzises Zusammenspiel gekennzeichnet ist, spielt mit Erwartung und Spannung. - East 117th Street – 4:42
Geschrieben von H. Nichols, bringt dieser Track einen Hauch von Straight-Ahead-Jazz in das Album, wobei die warme Posaune und das dynamische Klavier eine besondere Stadt-Atmosphäre einfangen.