
High End München 2025 Messebesuch
Mein Besuch auf der High End 2025 in München – Teil 2: Verpackt, verkauft, verklärt
Nach meinem ersten Eindruck, der bereits zwischen Faszination und Enttäuschung pendelte, möchte ich im zweiten Teil meines Messeberichts noch etwas tiefer einsteigen – denn manche Eindrücke erschließen sich einem erst im Nachgang, wenn man das Erlebte sacken lässt. Eines sei vorweggenommen: Vieles auf der High End 2025 war mehr Schein als Sein.
Das große Rad – oder eher: das neu verpackte Alte?
Man hatte auf der Messe manchmal das Gefühl, dass einige Hersteller versuchten, das Rad neu zu erfinden – oder es zumindest so aussehen zu lassen. Da wird ein leicht abgeschrägtes Lautsprechergehäuse plötzlich als bahnbrechendes „kantenschwächendes“ Design verkauft, das angeblich klanglich völlig neue Dimensionen eröffnen soll. Dabei kennt man solche Formen seit Jahrzehnten – nur eben ohne Marketingstempel.
Ein anderes Beispiel ist Beryllium. Gefühlt jeder zweite Hersteller preist das Material an, als hätte er es selbst entdeckt – dabei war es bereits in den 1970er-Jahren japanischer Standard. Firmen wie Yamaha und Technics haben damals mit Beryllium experimentiert, als viele heutige Aussteller noch gar nicht existierten. Es ist irritierend zu sehen, wie Geschichte ignoriert wird, nur um sich selbst besser zu verkaufen.
Und dann wären da noch die Schaltnetzteile. Klar, moderne Designs haben ihre Vorteile – aber wenn dann auf der Messe der Eindruck vermittelt wird, als sei diese Technik eine hauseigene Offenbarung, dann kann man nur den Kopf schütteln. Die Mär vom geheimen Zauber-Schaltkonzept wird dann gerne mit leeren Worthülsen ausgeschmückt – frei nach dem Motto: „Klingt technisch, muss gut sein.“
DACs: Wenn die Innovationsblase platzt
Noch ein Punkt, der bei mir hängen blieb: die Situation im DAC-Markt. Viele kleinere High-End-Hersteller geraten ins Hintertreffen, weil große Player wie Topping und S.M.S.L mit ihren massiven Bestellungen bei ESS, AKM oder Burr-Brown den Markt praktisch leer kaufen. Für kleinere Manufakturen bleiben dann oft nur „Restposten“ oder veraltete Chips. Die Lösung? Man taktet eben selbst – oder behauptet es zumindest – und verkauft diese vermeintliche Eigenleistung dann als „klangoptimierte Eigenentwicklung“.
Das mag marketingtechnisch clever sein, hat aber mit echter Entwicklung wenig zu tun. Und das, was dann als Endprodukt angeboten wird, kostet mitunter das Zehnfache dessen, was technisch vergleichbare Geräte aus China kosten. Fair? Wohl kaum.
Zwischen Technikfaszination und Theaterbühne
Wenn man sich auf der Messe umschaut, hat man manchmal das Gefühl, es geht gar nicht mehr um Klang. Es geht um Status, um Exklusivität, um Design – und um das Schauspiel drumherum. Die Geräte stehen da wie Museumsstücke, die Besucher verhalten sich ehrfürchtig wie in einer Kathedrale, and alle spielen brav mit. Man setzt sich, nickt weise, hört zu – und tut so, als hätte man gerade eine neue Dimension der Wahrheit gehört. Spoiler: Hat man meistens nicht.
Die Frage bleibt: Wollen wir wirklich Geräte, die primär als Statussymbol funktionieren? Oder sollten wir uns wieder auf Klangqualität, Innovation und Transparenz konzentrieren?
Innovation oder Illusion?
Nach zwei Tagen auf der Messe, zig Vorführungen, unzähligen Gesprächen mit Vertriebsleuten, Händlern und Besuchern stellt sich mir eine zentrale Frage: Warum tun so viele Hersteller so, als hätten sie das Rad neu erfunden? Diese zur Schau gestellte Innovationsrhetorik ist nicht nur ermüdend – sie ist in vielen Fällen schlicht irreführend.
„Kantenfreies Design“ – die neue Blechdose?
Ein gutes Beispiel sind Lautsprecherhersteller, die ein kantenfreies Gehäusedesign als revolutionäre Idee präsentieren – begleitet von leeren Phrasen wie „akustisch optimierte Flächen“ oder „maximale Dispersion“. Dabei wirkt vieles davon mehr wie ein ästhetisches Statement als eine echte technische Neuerung. Es ist erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit hier Altbekanntes in neuem Lack als Fortschritt verkauft wird.
Beryllium – die alte Legende lebt
Noch absurder wird es beim Thema Beryllium-Hochtöner. Man könnte meinen, Hersteller hätten diese Materialwahl gerade erst entdeckt und durch göttliche Eingebung zur ultimativen Klanglösung erklärt. Dass japanische Unternehmen wie Technics, Yamaha oder Pioneer bereits in den 1970er Jahren Beryllium für ihre legendären Lautsprechersysteme einsetzten – mit viel Know-how und beachtlichen Ergebnissen – scheint kollektiv verdrängt zu werden. Heute wird Beryllium gerne als heilige Klangsubstanz vermarktet – zum Preis von Gold, versteht sich.
Schaltnetzteile: alter Hut, neue Mythen
Dasselbe gilt für Verstärker mit Schaltnetzteilen. Diese Technologie ist weder neu noch ein Alleinstellungsmerkmal. Dennoch erzählen manche Hersteller, als hätten sie ganz allein den perfekten Schaltverstärker erfunden – als wären sie die Einzigen, die wissen, wie man damit Klang auf Referenzniveau bringt. Dabei gibt es seit Jahren hervorragende Lösungen, auch aus dem Profibereich, mit hohem Wirkungsgrad und minimaler Verzerrung – nur eben zu einem Bruchteil des Preises.
Hifi-Influencer: Zwischen Ehrfurcht und Werbetext
Ein anderes Thema, das mir sauer aufstößt, sind viele der sogenannten Hifi-Influencer. Ihre Videos sind oft nicht mehr als eine digitale Pressestelle. Kein einziger stellt kritische Fragen. Warum zum Beispiel sagt niemand etwas über die völlig überzeichneten Männerstimmen bei Wilson Audio’s „The Watt/Puppy“? Die Stimmen klingen so übertrieben groß, tief und voluminös, dass man sich ernsthaft fragen muss: Kennt irgendjemand auf diesem Planeten einen Mann, der so tief singen kann – ohne Tricks? Die Antwort: vermutlich nicht. Aber Hauptsache, die Kamera läuft und der Influencer wirkt „beeindruckt“.
Insgesamt hat man das Gefühl, dass viele YouTuber inzwischen nichts anderes sind als der verlängerte Werbe-Arm der Hersteller. Es fehlt an Distanz, an technischer Tiefe, an ehrlicher Kritik. Stattdessen wird mit Superlativen um sich geworfen, ohne einmal zu hinterfragen, ob Preis, Leistung und Klang wirklich in Relation stehen.
DACs: Wenn High End nur noch Restposten ist
Ein weiteres Problem zeigt sich bei vielen DAC-Herstellern. Weil SMSL, Topping and Co. den Weltmarkt mit riesigen Stückzahlen dominieren, bleiben für kleinere High-End-Marken oft nur veraltete DAC-Chips übrig. Viele tricksen sich dann durch die Messe, indem sie behaupten, ihre eigene Clocking-Technologie mache den Unterschied – als wäre das der Schlüssel zur audiophilen Erleuchtung. Aber in Wahrheit ist es oft nur ein cleveres Reframing eines Notstands. Und das alles zu Preisen, die jeder technischen Grundlage spotten.
Fazit: Zwischen Faszination und Fassade
Ich weiß, meine Worte klingen hart. Vielleicht zu hart. Aber was ich auf dieser Messe gesehen habe, ist ein Mix aus echter Leidenschaft – und jeder Menge Selbstinszenierung. Zwischen ehrlichem Ingenieursgeist und marktschreierischer Übertreibung liegt oft nur ein dünner Vorhang. Und während viele Besucher brav in den Hörraum marschieren, sich setzen, nicken, staunen – frage ich mich: Haben wir wirklich etwas Neues gehört? Or nur Altbekanntes im neuen Design?
Die High End ist nach wie vor eine spannende Veranstaltung. Aber sie braucht – wie die Branche selbst – dringend mehr kritisches Denken and weniger Scheinheiligkeit. Denn was am Ende zählt, ist nicht die dickste Frontplatte oder die edelste Broschüre – sondern der Klang. Und der ist längst nicht immer dort am besten, wo die Preise am höchsten sind.
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