Arve Henriksen – Sakuteiki

Arve Henriksen – Sakuteiki

Arve Henriksen – „Sakuteiki“: Ein Klanggarten für Entdecker

  • Label: Rune Grammofon – RCD 2021 / ECM Records
  • Format: CD, Album, Stream, Vinyl, Stereo
  • Land: Norway
  • Veröffentlicht: 15. Okt. 2001
  • Genre: Jazz, Classical, Cineast
  • Stil: Classical, Contemporary Jazz, Experimental, Avant-garde Jazz
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Arve Henriksen gehört zu den faszinierendsten und eigenwilligsten Gestalten der zeitgenössischen Musikszene – und insbesondere der skandinavischen Jazzwelt. Der norwegische Trompeter, geboren 1968 in Stranda (Norwegen), hat sich mit seinem unverwechselbaren Stil einen Namen gemacht, der weit über die Grenzen des klassischen Jazz hinausreicht. Mit dem Album „Sakuteiki“ legt er erneut ein Werk vor, das nicht nur musikalisch außergewöhnlich ist, sondern auch in audiophiler Hinsicht Maßstäbe setzt.

Wer ist Arve Henriksen?

Henriksen studierte zunächst klassische Trompete am Trøndelag Musikkonservatorium in Trondheim, einer der wichtigsten Talentschmieden Norwegens. Dort wurde er früh Teil der experimentierfreudigen norwegischen Jazzszene, aus der unter anderem auch Musiker wie Nils Petter Molvær oder Bugge Wesseltoft hervorgingen.

Henriksen war Mitbegründer der Gruppe Supersilent, einem avantgardistischen Ensemble, das Elemente aus improvisierter Musik, Elektronik und Ambient vereint. Die Zusammenarbeit mit dem Produzenten Helge Sten (Deathprod) war für Henriksens Entwicklung prägend – eine Symbiose aus analoger Tiefe und digitaler Transformation, die sich in vielen seiner Soloarbeiten widerspiegelt.

Mit der Zeit arbeitete Henriksen mit Künstlern wie David Sylvian, Jan Bang, Christian Wallumrød oder Eivind Aarset– allesamt kreative Köpfe, die wie er selbst stets Grenzen aufbrechen wollten. Es ist genau dieses Umfeld, das ihn prägte: kein klassischer Jazz-Club-Trompeter, sondern ein Sound-Architekt mit Hang zum Spirituellen und Visuellen.

Ein Suchender im Kosmos des Klangs

Arve Henriksen spielt Trompete, als sei sie eine menschliche Stimme – oft so weich und flüchtig, dass man glaubt, sie entgleite gleich dem Hörer. Seine Musik ist von japanischer Ästhetik und Mystik durchdrungen, aber auch von nordischer Weite, Stille und Melancholie.

In der Jazzwelt wurde Henriksen nicht nur akzeptiert – er wurde gefeiert. Seine Alben erscheinen bei renommierten Labels wie ECM oder Rune Grammofon, und er ist regelmäßiger Gast auf internationalen Festivals. Kritiker schätzen seine Tiefe, seine kompromisslose Klangsuche und seine Fähigkeit, aus wenigen Tönen ganze Welten zu erschaffen.

Was bedeutet „Sakuteiki“?

Der Titel des Albums verweist auf das älteste bekannte japanische Werk über Gartengestaltung, das im 11. Jahrhundert entstand: „Sakuteiki“. Es bedeutet sinngemäß „Anleitung zur Gartengestaltung“ oder „Aufzeichnungen zur Anlegung von Gärten“. Doch es geht dabei nicht nur um ästhetische Anlageformen, sondern auch um ein tiefes Verständnis von Natur, Raum, Klang und Stille. Diese Philosophie überträgt Henriksen auf seine Musik.

Er pflanzt Klänge wie Steine, Wasserläufe oder Moosflächen in eine audiophile Landschaft. Alles hat seinen Platz, alles lebt im Einklang mit dem Raum.

Ein Album wie ein Gartenpfad

Sakuteiki ist kein Album im klassischen Sinne. Es ist vielmehr ein auditiver Spaziergang durch meditative Klangräume. Henriksen kombiniert hier Flüstertrompete, Elektronik, Field Recordings und Stimmen zu einem vielschichtigen Klanggewebe. Man spürt beim Hören förmlich das Rascheln von Kiefern, das Tropfen von Wasser und das Murmeln des Windes.

Die Aufnahmen sind nicht nur technisch brillant, sondern besitzen eine fast übernatürliche Raumtiefe, die den Hörer in eine cineastische Aura hineinzieht. Hier ist man nicht Zuschauer – man ist mittendrin. Die Klangbühne entfaltet sich in alle Richtungen, lässt Zeit und Raum verschwimmen.

Für wen ist diese Musik gemacht?

Diese Art von Musik ist nichts für nebenbei. Sie richtet sich an Entdecker – an Menschen, die sich auf neue, ungewohnte Pfade wagen. An Hörer, die keine Angst vor Stille haben und traditionelle Hörgewohnheiten hinter sich lassen können. Wer offen ist für das Unkonventionelle, wird belohnt mit einer tiefgehenden Erfahrung.

Doch Achtung: Wer nur auf gefällige Melodien oder klassische Jazzstrukturen hofft, wird hier nicht fündig. Und: Nur hochwertige Anlagen sind in der Lage, die Aura dieses komplexen Klanggartens einzufangen. Wer die Musik über Billig-Streamingboxen konsumiert, dem bleibt die Idee des Interpreten gänzlich verschlossen.

Schlusswort:

Mit Sakuteiki hat Arve Henriksen weit mehr geschaffen als nur ein weiteres Jazzalbum – er hat ein akustisches Kunstwerk vorgelegt, das Raum, Zeit und Wahrnehmung auf poetische Weise miteinander verschmelzen lässt. Es ist ein Werk für Menschen, die Musik nicht nur hören, sondern erleben wollen. Ein Album, das mit jedem Hören wächst, das sich nicht sofort erschließt, sondern entdeckt, erschlossen, verstanden werden will.

Und genau darin liegt seine Größe: Dieser Titel eignet sich hervorragend zum Entdecken – zum wiederholten Eintauchen in ein klangliches Universum, das stets neue Details offenbart. Wer es wagt, sich auf dieses Sounddesign einzulassen, wird belohnt – aber erst, wenn man die Geduld mitbringt, sich darauf einzulassen.

Denn Sakuteiki entfaltet seine volle Wirkung nicht gleich beim ersten Stück. Bis zum fünften Titel denkt man vielleicht noch: „Okay, das ist schon ganz gut, aber wenn das so weitergeht, könnte das auch monoton werden.“ Und dann – kommt Track Nummer 6.

Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht spoilern, aber so viel sei verraten: Wer bis hierhin drangeblieben ist und über ein hochwertiges Soundsystem verfügt, wird verstehen, warum Tiefbässe nicht nur willkommen, sondern essenziell sind. Hier offenbart sich eine klangliche Tiefe, die physisch spürbar wird – nicht nur auditiv.

Die Musik ist definitiv nicht jedermanns Sache – aber das ist auch gut so. Denn Sakuteiki will nicht gefallen, sondern verändern, öffnen, fordern. Es ist ein Album für Menschen, die sich abseits des Mainstreams bewegen, die ihre Ohren wie ein Instrument benutzen, um neue Räume zu erkunden.

In einer Welt, in der Musik oft zur bloßen Hintergrundbeschallung verkommt, ist dieses Album ein Statement für bewusstes Hören, für audiophile Neugierde und für den Mut zur Stille. Es ist ein Werk für Individualisten – und für alle, die keine Angst davor haben, sich zu verlieren, um am Ende etwas Neues zu finden.

Ein akustischer Gartenpfad für mutige Klangwanderer.

Tracklist und Beschreibung

1. Sanmon – Main Entrance2:37
Ein feierlich-stiller Auftakt, der den Hörer symbolisch durch das „Sanmon“, das Haupttor eines Zen-Tempels, führt. Wie das erste Betreten eines heiligen Gartens – zurückhaltend und respektvoll.

2. Viewing Infinite Space3:12
Weite, Raum und Stille verschmelzen. Meditativ und fast schwerelos. Der Klang scheint sich ins Unendliche auszudehnen – wie ein Blick in den offenen Himmel.

3. Inside Tea-House4:47
Ein intimer Moment: warme, zurückhaltende Texturen, die an das schlichte Innere eines japanischen Teehauses erinnern. Hier zählt nur der Moment – der Klang als zeremonielles Erlebnis.

4. Peaceful – Close To Cherry Trees2:03
Zart und flüchtig wie Kirschblüten im Frühling. Eine fast kindliche, friedliche Klangwelt voller Leichtigkeit und Melancholie.

5. Procession Passing4:46
Langsame, ritualhafte Bewegungen in Tönen eingefangen. Man hört fast einen imaginären Zug vorbeiziehen – respektvoll, getragen, sakral.

6. Evening Call2:08
Der Moment zwischen Tag und Nacht. Eine kurze, aber intensive Klangmeditation. Als würde ein Mönch zur letzten Stunde des Tages rufen.

7. Breathing2:28
Reduziert bis auf das Wesentliche. Klang gewordener Atem. Eine Übung in Achtsamkeit, perfekt für das Hören mit geschlossenen Augen.

8. Beauty Of Bamboos3:24
Leicht perkussive Elemente, fein verwoben mit flirrenden Klangschichten. Bambus als musikalisches Motiv: biegsam, lebendig, rhythmisch.

9. Tsukubai – Washbasin2:27
Ein Tsukubai ist ein traditionelles japanisches Waschbecken aus Stein, meist in Tempeln oder Gärten. Hier wird es zur Klangmetapher für Reinheit und Vorbereitung – als Klangritual.

10. Planting Trees Creating Beauty4:48
Wie das langsame Wachsen eines Gartens entfaltet sich dieser Titel Schicht für Schicht. Eine musikalische Hommage an Geduld und Gestaltung.

11. „Stones Should Never Be Placed Carelessly“2:10
Direktes Zitat aus dem Sakuteiki, dem ältesten bekannten Text zur japanischen Gartengestaltung. Auch Henriksen platziert seine Klänge mit ebenso bewusster Sorgfalt.

12. White Gravel2:26
Weißer Kies als Symbol für Reinheit und Leere in Zen-Gärten. Der Track ist minimalistisch und transparent, fast wie ein auditives Sandmuster.

13. Shrine4:59
Der längste und vielleicht spirituellste Titel. Eine Art musikalischer Tempel – ruhig, ehrfürchtig, mit subtilen Klangbewegungen.

14. Paths Around The Pond3:11
Spazieren als Hörerlebnis. Der Klang bewegt sich entlang imaginärer Teichränder – kurvig, vorsichtig, fließend.

15. Children In My Garden4:40
Ein versöhnlicher, warmer Abschluss. Ein leiser Hauch von Unschuld, Erinnerung und Hoffnung. Vielleicht auch ein Abschied – aber mit einem Lächeln.

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