
Seven Days of Falling – Das Meisterwerk von e.s.t. im Porträt
Esbjörn Svensson Trio – Seven Days of Falling: Ein Meisterwerk des modernen Jazz
Album Informationen:
- Label: ACT – ACT 9012-2
- Format: CD, Album
- Land: Germany
- Veröffentlicht: 2003
- Genre: Jazz
- Stil: Contemporary Jazz
- Amazon Werbung: Esbjörn Svensson Trio
Die Magie des Trios
Das Esbjörn Svensson Trio, besser bekannt als e.s.t., war eine schwedische Jazzformation, die die Musikwelt nachhaltig geprägt hat. Bestehend aus Esbjörn Svensson (Piano), Dan Berglund (Kontrabass) und Magnus Öström (Schlagzeug), hat die Band mit ihrem Album Seven Days of Falling (2003) einen Meilenstein gesetzt, der Jazz mit Pop, Rock und elektronischen Elementen verschmilzt. Dieses Album, veröffentlicht auf dem renommierten ACT Label, ist nicht nur ein musikalisches Statement, sondern auch ein Beweis für die Innovationskraft des Trios. Es sprengt Genregrenzen und spricht sowohl eingefleischte Jazzfans als auch Hörer an, die sich von starren Kategorien nicht einschränken lassen.
Die Köpfe hinter der Musik
Esbjörn Svensson: Der Visionär am Klavier
Esbjörn Svensson, geboren am 16. April 1964 in Västerås, Schweden, war das kreative Herz von e.s.t. Aufgewachsen in einem musikalischen Haushalt – seine Mutter war klassische Pianistin, sein Vater ein Jazzfan – kam er früh mit Musik in Berührung. Zunächst war er von Klassik fasziniert, doch als Teenager entdeckte er Pop und Rock, bevor er über diese Umwege zum Jazz fand. Er lernte Klavier weitgehend autodidaktisch, was ihm eine unkonventionelle Herangehensweise verlieh. „Ich spiele Klavier, weil wir kein anderes Instrument zu Hause hatten. Schlagzeug wäre mir eigentlich lieber gewesen“, erzählte er einmal lachend. Seine Liebe zur Musik war geprägt von Neugier und Freiheit – er wollte keine Regeln befolgen, sondern seinen eigenen Klang schaffen.
Svensson war nicht nur ein brillanter Pianist, sondern auch ein Komponist, der Emotionen in Melodien übersetzen konnte, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Sein tragischer Tod bei einem Tauchunfall am 14. Juni 2008 in Stockholm hinterließ eine Lücke in der Jazzwelt, die bis heute spürbar ist. Doch sein Vermächtnis lebt in Alben wie Seven Days of Fallingweiter.
Dan Berglund: Der Klangarchitekt am Bass
Dan Berglund, geboren 1963, stieß 1993 zum Trio und brachte eine neue Dimension in die Musik von e.s.t. Mit seiner Fähigkeit, den Kontrabass nicht nur rhythmisch, sondern auch melodisch und experimentell einzusetzen, prägte er den unverwechselbaren Sound der Band. Berglunds Spiel war geprägt von Effekten, die an Jimi Hendrix erinnerten – er nutzte Bögen und elektronische Verzerrungen, um dem Bass ungeahnte Klangfarben zu entlocken. Über seinen musikalischen Werdegang ist weniger bekannt, doch seine Zusammenarbeit mit Svensson und Öström zeigt, dass er ein Musiker war, der keine Scheu vor Innovationen hatte. Seine Motivation? Die Freiheit, Musik zu schaffen, die über das hinausgeht, was ein klassisches Jazztrio leisten kann.
Magnus Öström: Der Pulsgeber
Magnus Öström, geboren 1965, war nicht nur der Schlagzeuger, sondern auch ein Jugendfreund von Svensson. Schon als Kinder experimentierten sie zusammen mit Musik, bastelten aus Farbeimern Schlagzeuge und spielten ohne Lehrer, einfach aus Spaß. „Wir hatten keine Ahnung, wie das ging, aber es machte Spaß“, erinnerte sich Öström. Diese spielerische Herangehensweise prägte auch später die Arbeit des Trios. Öströms Schlagzeugspiel ist dynamisch und vielseitig, von jazzigen Grooves bis hin zu Drum-and-Bass-Rhythmen. Seine Fähigkeit, den Takt zu halten und gleichzeitig Raum für Improvisation zu lassen, machte ihn zu einem unverzichtbaren Teil von e.s.t.
Der Weg zum ACT Label
Das Esbjörn Svensson Trio wurde 1993 gegründet, nachdem Berglund zu Svensson und Öström stieß. Ihr Debütalbum When Everyone Has Gone erschien noch auf dem schwedischen Label Dragon. Bereits Mitte der 90er Jahre machte sich das Trio in der nordischen Jazzszene einen Namen, und 1996 unterschrieben sie bei Superstudio Gul / Diesel Music, einem eher poporientierten Label. Der internationale Durchbruch kam jedoch mit dem Wechsel zu ACT Music, einem deutschen Label, das seit 1992 für seine Offenheit gegenüber genreübergreifendem Jazz bekannt ist. Mit Alben wie From Gagarin’s Point of View (1999) und Good Morning Susie Soho (2000) erlangte e.s.t. weltweite Anerkennung. ACT bot dem Trio die perfekte Plattform, um ihre Vision von Jazz zu verwirklichen – eine Musik, die frei von Konventionen ist und doch tief im Jazz verwurzelt bleibt.
Seven Days of Falling wurde im März 2003 in Stockholms Atlantis Studio aufgenommen, in einer für Jazz ungewöhnlich langen Session von acht Tagen plus fünf Tagen fürs Mischen. Diese akribische Herangehensweise, eher typisch für Pop-Produktionen, spiegelt die Philosophie des Trios wider: Nichts wurde dem Zufall überlassen. Das Album schoss direkt in die Pop-Charts in Deutschland, Frankreich und Schweden und wurde mit dem Deutschen Jazz Award in Gold und Platin sowie dem Schwedischen Grammy 2004 ausgezeichnet.
Seven Days of Falling: Ein Album, das Grenzen sprengt
Das Album Seven Days of Falling ist ein Mosaik aus ruhigen Balladen wie „Ballad for the Unborn“ und „Why She Couldn’t Come“ und energetischen Stücken wie „O.D.R.I.P.“ und „Elevation of Love“. Es zeigt die ganze Bandbreite von e.s.t.: Svenssons verführerische Klaviermelodien, Berglunds experimentelle Basslinien und Öströms dynamische Beats verschmelzen zu einem Sound, der zugleich zugänglich und anspruchsvoll ist. Kritiker wie Stuart Nicholson verglichen den Sound mit Radiohead, weil die Musik eine emotionale Tiefe hat, die auch Nicht-Jazzfans anspricht. „Wenn du Radiohead magst, wirst du e.s.t. verstehen“, schrieb er.
Die Klangqualität des Albums ist, wie bei ACT-Produktionen üblich, auf höchstem Niveau. Besonders auf einer hochwertigen Anlage kommen die Nuancen der Aufnahme zur Geltung – von den zarten Pianoklängen bis zu den tiefen, resonanten Bässen. Das Album lebt von den Momenten „zwischen den Tönen“, wo die Musiker Raum lassen, damit die Hörer ihre eigenen Emotionen in die Musik projizieren können.
Persönliche Meinung: Eine musikalische Reise
Für mich ist Esbjörn Svensson eine absolute Größe. Ich besitze fast alle Alben von e.s.t., und jedes Mal, wenn ich Seven Days of Falling auflege, ist es, als würde ich eine neue Reise antreten. Svensson versteht es, meine Sinne und Gefühle anzusprechen, ohne mir seine Emotionen aufzudrängen. Seine Musik lässt Interpretationsspielraum – ich gestalte meine eigene Geschichte im Kopf, während die Klänge mich leiten. Dieses Album ist ein Geschenk für alle, die Musik genreübergreifend hören und sich nicht von starren Schubladen einschränken lassen. Die Klangqualität ist makellos, und wenn deine Anlage die Aufnahmequalität gerecht wird, wirst du in eine Klangwelt eintauchen, die dich nicht mehr loslässt. Mein Tipp: Lass dich drauf ein, schließe die Augen und genieße!
Fazit
Seven Days of Falling ist mehr als ein Jazzalbum – es ist ein Erlebnis. Esbjörn Svensson, Dan Berglund und Magnus Öström haben mit diesem Werk bewiesen, dass Jazz modern, zugänglich und dennoch tiefgründig sein kann. Ihre Musik spricht die Seele an und lädt dazu ein, die Welt der Klänge neu zu entdecken. Für alle, die bereit sind, sich auf eine genreübergreifende Reise einzulassen, ist dieses Album ein absolutes Muss.
Peace out!
Trackliste:
1. Ballad For The Unborn – 5:31
Ein ruhiger, ergreifender Einstieg. Melancholisch und zart, mit lyrischem Klavierspiel, das viel Raum für persönliche Interpretation lässt. Wie eine musikalische Meditation über das Ungeborene – still, feinfühlig, nach innen gewandt.
2. Seven Days Of Falling – 6:29
Der titelgebende Track ist melodisch eingängig und rhythmisch verspielt. Eine atmosphärisch dichte Komposition, die die typische Handschrift von e.s.t. trägt – zwischen Jazz, Pop und sphärischer Elektronik.
3. Mingle In The Mincing-Machine – 6:48
Ein wilderes, experimentelleres Stück mit komplexem Groove. Der Titel suggeriert Zersetzung und Verwirrung – musikalisch umgesetzt mit unregelmäßigen Phrasen und einer fast mechanischen Spannung.
4. Evening In Atlantis – 0:55
Ein kurzes, stimmungsvolles Interlude. Traumartig, mit aquatischer Anmutung. Fast wie ein Blick in eine versunkene Stadt – ruhig, schimmernd, geheimnisvoll.
5. Did They Ever Tell Cousteau? – 6:02
Verspielt, rhythmisch komplex und klanglich ungewöhnlich. Eine mögliche Anspielung auf Jacques Cousteau und das Meer – musikalisch übersetzt in eine fließende, leicht psychedelische Atmosphäre.
6. Believe, Beleft, Below – 4:51
Eines der emotionalsten Stücke des Albums. Sanft, traurig, wunderschön. Ein tiefgründiger Titel mit viel Raum für Interpretation – eine Reflexion über Glaube, Verlust und Vergänglichkeit.
7. Elevation Of Love – 6:46
Dynamisch, intensiv und doch voller Gefühl. Eine emotionale Steigerung durch rhythmische Energie und melodische Höhepunkte. Ausdruck einer aufsteigenden, sich entfaltenden Liebe.
8. In My Garage – 4:16
Ein Stück mit rauerer, persönlicher Note. Der Titel suggeriert einen privaten Ort der Kreativität – musikalisch umgesetzt mit einem organischen, fast improvisierten Klangbild, das sich zwischen Intimität und Freiheit bewegt.
9. Why She Couldn’t Come – 6:32
Sehr gefühlvoll und nachdenklich. Die Komposition evoziert Traurigkeit und Sehnsucht, ohne kitschig zu wirken. Sanfte Harmonien und ein langsames Tempo verleihen dem Stück große emotionale Tiefe.
10.1 O.D.R.I.P. – 8:19
Das energiegeladenste Stück auf dem Album. Eine explosive Fusion aus Jazz, Rock und elektronischen Elementen. Der kryptische Titel könnte für „Out of Darkness – Rest in Peace“ stehen – ein dramatisches, intensives Finale.
10.2 (Silence) – 1:02
Eine bewusste Stille – als dramaturgische Zäsur zwischen dem wilden „O.D.R.I.P.“ und der folgenden, geheimen Zugabe. Ein Moment zum Innehalten, der die Wirkung des Albums vertieft.
10.3 Love Is Real – 5:03
Ein versteckter „Hidden Track“ mit Gesang von Josh Haden (uncredited). Eine überraschende Wendung am Ende des Albums: ruhig, emotional, fast hymnisch. Die gesungene Botschaft – Love is real – bildet einen warmen, versöhnlichen Schlusspunkt nach einer musikalischen Achterbahnfahrt.
Quellen:
Esbjörn Svensson Trio – Wikipedia
Seven Days of Falling – Wikipedia
Biografie – Esbjörn Svensson Trio e.s.t. – ACT Music
Esbjörn Svensson – Wikipedia
Seven Days Of Falling – CD – ACT Music
Esbjörn Svensson ist verstorben. Er kam am 14. Juni 2008 bei einem Taucherunfall im Stockholmer Schärengarten, Schweden, ums Leben. Zu diesem Zeitpunkt war er 44 Jahre alt.