Tannoy Esher SL25 – Monitor der kleine britische Riese der überrascht
Tannoy Esher SL25 – Der unscheinbare Riese: Ein Erfahrungsbericht
Die Jagd nach dem britischen Gold
Wer in der Welt des Vintage-HiFi unterwegs ist, kennt das Gefühl: man stöbert, man jagt, man findet. Es ist weniger die Suche nach dem neuesten High-End-Traum, sondern eher die Wiederentdeckung alter Ingenieurskunst – jener ehrlichen, soliden Technik vergangener Jahrzehnte. Und manchmal stolpert man über eine Geschichte, die so gut ist, dass sie fast zu schön klingt, um wahr zu sein.
So geschehen bei mir, als es darum ging, meine jüngsten Gerätschaften zu organisieren. Das Paket war illuster, denn ich hatte es direkt vom Besitzer des renommierten Labels Ruf Records erwerben können. Wie sich herausstellte, ist er nicht nur ein Fels in der Brandung der Blues- und Rockmusik, sondern – Überraschung! – auch ein großer Liebhaber klassischer HiFi-Schätze. Da zeigt sich mal wieder: die Liebe zu ehrlicher Musik und ehrlicher Technik gehen Hand in Hand. Und wie so oft lebt diese Liebe gerade über die Qualität älterer Lautsprecher weiter.
Im Zentrum dieses Deals: die unscheinbaren Tannoy Esher SL25.
Die Schmach und die Offenbarung
Und hier muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich anfangs keinerlei größere Erwartungen an diese Tannoys der Surrey Series hatte.
Seien wir ehrlich: Wenn man „Tannoy“ hört, denkt man sofort an Ikonen. Westminster, Kensington – oder zumindest die großen HPD-Monitore. Die Esher, ein kompaktes Regallautsprecher-Modell aus den 80ern, wirkt dagegen eher wie ein Lückenfüller im Portfolio.
Meine Skepsis war zunächst technischer Natur: Mit einem Bassfrequenzgang von rund 52 Hz ist das eigentlich ein Lautsprecher, der ohne Subwoofer schwer aus den Puschen kommt. Also dachte ich mir: vielleicht eignen sich die SL25 als Nahfeld- oder Abhöre im Hoch- und Mitteltonbereich. Immerhin könnte der Besitzer bei Ruf Records genau diesen Einsatzzweck im Studio gehabt haben – ich habe leider nicht nachgefragt. Aber bevor wir zum Klang kommen, muss ich ein großes Lob an Thomas Ruf loswerden.
Der Gentleman des Blues
Er war sich nicht zu schade, die von ihm angebotenen Geräte persönlich auszuliefern, einfach um mich kennenzulernen. Leider traf er an einem denkbar ungünstigen Tag ein – meine Wohnung glich einer Krankenstation, und der Sohnemann lag mit Fieber im Bett.
An dieser Stelle also eine dicke Entschuldigung, Thomas! Wir müssen das unbedingt wiederholen. Solche Begegnungen zeigen, wie ehrlich und menschlich die HiFi-Welt manchmal sein kann.
Der Klang, der kämpfen musste Kommen wir zum Klang.
Was die Esher SL25 nämlich mitbringt, ist das, was man bei Tannoy fast ehrfürchtig den heiligen Gral der britischen Akustik nennt: den Dual Concentric Driver – in diesem Fall den Typ 2008S. Der Hochtöner sitzt dabei mittig im Tieftöner. Das Ergebnis ist eine echte Punktschallquelle, bekannt für ihre Kohärenz und ihr präzises Timing. Und ja – die Magie des Dual Concentric ist sofort da. Die Musik kommt aus einem Punkt, der berühmte „Tannoy-Mittelton“ steht plastisch im Raum: warm, klar, unglaublich natürlich. Die räumliche Darstellung ist für einen Lautsprecher dieser Größe beeindruckend.
Aber – und das ist das große Aber – für mich persönlich war es am Ende kein Lautsprecher, mit dem ich dauerhaft leben könnte.
Die SL25 musste sich gegen andere 2-Wege-Systeme behaupten – und das war schwer. Nicht nur gegen meine Dynaudio Confidence 3 (zugegeben, ein völlig anderer Gegner), sondern auch gegen ein Paar JBL 4305P. Und da sah die kleine Tannoy einfach kein Licht. Weder als Ersatz für eine Studio-Abhöre noch als wohnzimmertauglicher Lautsprecher, den ich gerne in die Sammlung aufnehmen würde, konnte sie mich wirklich überzeugen.
Fazit: Eine Frage des Kontextes
Unterm Strich ist die Tannoy Esher SL25 ein richtig guter Lautsprecher – im richtigen Umfeld. Sie verkörpert die klassischen britischen HiFi-Tugenden der 80er in kompakter Form und zeigt, dass Tannoy selbst bei kleineren Modellen nie die klangliche Handschrift verloren hat.
Aber für mich persönlich ist sie keine Alternative zu dem, was ich aktuell zu Hause höre. Gegen moderne Aktivtechnik oder hochgezüchtete Dänen wie Dynaudio hat sie schlicht keine Chance. Der Kampf war einer von David gegen Goliath – nur dass David diesmal verloren hat.
Fazit im Fazit
Die Esher SL25 ist kein Fehlkauf, sondern ein Stück britischer HiFi-Geschichte.
Ein Lautsprecher, der mit Charme und Charakter spielt, aber im direkten Vergleich zeigt, wie sehr ich mittlerweile verwöhnt bin. Wer Vintage liebt, wird die SL25 mögen. Wer kompromisslosen Klang sucht, eher nicht.
Technische Daten – Tannoy Esher SL25
| Merkmal | Angabe |
|---|---|
| Hersteller | Tannoy Ltd., Coatbridge, Scotland (UK) |
| Modell | Esher SL25 |
| Serie | Surrey Series |
| Bauart | 2-Wege-Kompaktlautsprecher, geschlossenes Gehäuse |
| Chassis-Bestückung | 1 × 2008S Dual Concentric (20 cm / 8″) |
| Hochtöner | Kalotte, integriert im Tieftöner (Dual Concentric Prinzip) |
| Tieftöner | Papiermembran mit Gummisicke |
| Frequenzgang | ca. 52 Hz – 20.000 Hz (±3 dB) |
| Übergangsfrequenz | 2,8 kHz |
| Empfindlichkeit (Wirkungsgrad) | ca. 89 dB / 1 W / 1 m |
| Nennimpedanz | 8 Ohm |
| Empfohlene Verstärkerleistung | 20 – 80 Watt RMS |
| Belastbarkeit (Musik) | bis ca. 100 Watt |
| Gehäuseart | Geschlossen (sealed box) |
| Anschlüsse | Schraubklemmen (vergoldet, single-wiring) |
| Abmessungen (H × B × T) | 410 × 250 × 260 mm |
| Gewicht | ca. 12 kg pro Stück |
| Produktionszeitraum | ca. 1985 – 1988 |
| Ursprungsland | Vereinigtes Königreich (UK) |
| Besonderheiten | Dual Concentric Treiber, britisches Design, präziser Mitteltonbereich |
| Gehäusefinish | Echtholzfurnier (Nussbaum oder Schwarz), feine 80er-Jahre-Optik |
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