
Grundig Professional 850a
Grundig Super HiFi Box 850a – Studioklang aus Deutschland mit Ecken und Kanten
Made in Germany: Kompakt, schwer – und doch unterschätzt?
Die Grundig 850a gehört zu einer Serie, die aus heutiger Sicht fast ein wenig unter dem Radar fliegt – zumindest außerhalb bestimmter Länder. In Italien jedoch genießt diese kompakte Box mit knapp 9 Kilo Kultstatus. Auf Flohmärkten und einschlägigen Plattformen erzielt sie Preise, die selbst eingefleischte Sammler staunen lassen. Der Hype ist real – und er scheint nicht abzureißen.
Ich selbst muss gestehen: So richtig nachvollziehen kann ich die aufgerufenen Summen nicht immer. Gerade wenn ich sehe, dass sie preislich teilweise deutlich über Yamaha NS-690, Pioneer HPM oder vergleichbaren Modellen aus Japan rangiert, komme ich ins Grübeln. Nicht weil die Box schlecht wäre – im Gegenteil – sondern weil sich hier ein sehr spezieller, beinahe schon mythischer Ruf aufgebaut hat, den man sachlich etwas differenzierter betrachten sollte.
Ein Blick ins Herz der MAC-Serie: Was macht die 850a aus?
Die 850a ist Teil von Grundigs sogenannter MAC-Serie (Modular Audio Components) – ein ambitionierter Versuch der damaligen Grundig-Ingenieure, in der Oberklasse Fuß zu fassen. Und das merkt man der Box an: Sie ist geschlossen aufgebaut, was für sauberen, trockenen Bass sorgt, und sie besitzt ein bemerkenswert neutrales Klangbild – fast schon studiohaft.
Vor allem der Hochtonbereich ist klar, feinzeichnend und durchsetzungsfähig, ohne je unangenehm zu wirken. Der Mittelton ist natürlich und löst hervorragend auf. Stimmen, akustische Instrumente und Raumklang werden erstaunlich realistisch dargestellt. Die 850a ist kein Blender, kein Bassmonster – sie ist eine ehrliche Box, die Musik unverfälscht abbildet.
Man hört schnell: Diese Lautsprecher wurden nicht für „Wow-Effekte“ beim ersten Probehören gebaut, sondern für langes, analytisches Hören auf hohem Niveau. Genau deshalb genießt sie bei bestimmten Kennern und Sammlern einen Ruf als „Arme-Leute-Rogers LS3/5a“ – klanglich ähnlich neutral, aber mit einem deutlich anderen Preisschild (wobei dieser inzwischen auch stark anzieht).
Zwischen Heimgebrauch und Tonstudio – ihre wahre Stärke
Für mich spielt die Grundig 850a fast schon in einer eigenen Liga, denn sie ist kein klassischer Wohnzimmerlautsprecher. Sie offenbart gnadenlos jede Schwäche in der Aufnahme, in der Abmischung oder im Mastering. Wer gerne laut Pop oder Rock mit fettem Bass hört, wird hier vielleicht nicht glücklich. Wer aber genau hinhören will – und zwar auch bei leiser Lautstärke –, findet in der 850a einen sehr zuverlässigen Partner.
Ich persönlich sehe sie daher eher als eine Art Semiprofi-Studiomonitor, der sich hervorragend zur Analyse von Musik eignet. In der Rolle als gemütlicher Wohnzimmerbeschaller wirkt sie mir zu nüchtern, zu direkt – aber das ist Geschmacksache. Genau darin liegt übrigens auch der Reiz: Die 850a will nicht gefallen, sie will zeigen, wie Musik wirklich klingt.
Japanische Konkurrenz? Klanglich auf Augenhöhe, optisch nicht ganz mein Fall
Nun kommt der Vergleich, den viele in dieser Klasse ziehen: Japanische Lautsprecher der späten 70er und frühen 80er – darunter Legenden wie die Yamaha NS-690, Technics SB-6, Pioneer CS-99A oder auch Victor SX-Serie. Und ja: Ich habe viele dieser Modelle selbst gehört, besessen und geliebt.
Klanglich – und das sage ich ganz bewusst – kann die Grundig 850a da absolut mithalten. Sie spielt in Sachen Auflösung, Stimmwiedergabe und Bühnenabbildung mindestens auf Augenhöhe. In manchen Bereichen ist sie sogar präziser, vor allem im Mittelton.
Aber: Wenn ich ehrlich bin, greife ich trotzdem lieber zu den japanischen Modellen. Warum? Ganz einfach: Optik, Haptik, Design. Die schweren Holzgehäuse, die manchmal martialischen Schutzgitter, die teils vergoldeten Logos – das hat für mich einfach mehr „Aura“. Die 850a sieht dagegen nüchtern aus, fast schon sachlich. Ihr Design ist typisch deutsch – funktional, solide, aber ohne große Show.
Und manchmal, da darf ein Lautsprecher ruhig auch optisch ein Statement setzen.
Fazit: Hochachtung mit Bauchgefühl
Die Grundig 850a ist technisch ein absolut überzeugender Lautsprecher. Wer einen neutralen, ehrlichen und langzeittauglichen Klang sucht, wird hier fündig. Wer zudem auf geschlossene Systeme steht, wird ihre kontrollierte Basswiedergabe zu schätzen wissen.
Dennoch bleibt für mich ein gemischter Eindruck. Sie ist analytisch – fast schon zu sehr. Sie ist ehrlich – vielleicht etwas zu kompromisslos. Und obwohl sie klanglich locker mit den großen Namen aus Japan mithalten kann, fehlt mir persönlich ein wenig das Herz und das Charisma, das viele Vintage-Boxen aus Fernost visuell und emotional mitbringen.
Trotzdem: Respekt, Grundig – ihr habt mit der 850a ein echtes Statement abgeliefert.
Technische Daten:
Merkmal | Wert |
---|---|
Hersteller | Grundig |
Modell | Super HiFi Box 850a |
Bauart | Geschlossenes 3-Wege-System |
Prinzip | Passiv, geschlossen (sealed enclosure) |
Belastbarkeit (Nenn/Musik) | 50 Watt / 70 Watt |
Wirkungsgrad | ca. 85–88 dB / 1W / 1m (geschätzt) |
Frequenzgang | 30 Hz – 20.000 Hz |
Übergangsfrequenzen | 700 Hz / 4000 Hz |
Tieftöner | 200 mm (8″) Konus |
Mitteltöner | 100 mm Konus |
Hochtöner | 25 mm Kalotte (Softdome) |
Impedanz | 4 Ohm |
Maße (B × H × T) | 285 × 450 × 240 mm |
Gewicht | ca. 9 kg pro Stück |
Gehäusematerial | MDF / Holzfurnier (meist Nussbaum dunkel oder hell) |
Anschlüsse | Schraubklemmen (vergoldet, für Bananenstecker geeignet) |
Besonderheiten | Sehr neutraler Klang, studiomonitorartige Abstimmung |
Baujahr | ca. 1978–1981 |
Serie | Grundig MAC (Modular Audio Components) |